Die Respektlosigkeit der UEFA im Umgang mit den Daten der Fans

Berlin, den 10.05.2022

Der Einzug der Frankfurter Eintracht in das Europa-League-Finale der UEFA veranlasst ProFans, den haarsträubenden Umgang der UEFA mit persönlichen Daten der Zuschauerinnen und Zuschauer zu thematisieren. 

Die öffentlich verkauften Tickets werden streng personalisiert. Das heißt, jeder, der ins Stadion möchte, muss seine Identität dem Veranstalter offenbaren, auch schon dann, wenn der Erwerb eines Tickets zunächst nur beabsichtigt ist. Der Umgang mit den Daten genügt nicht den Bestimmungen der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung, die in der Schweiz kein geltendes Recht ist. Die UEFA behält sich zudem weitgehende Freiheiten vor, die Daten an Dritte zu übermitteln. Das umfasst nicht nur die Weitergabe an alle infrage kommenden staatlichen Behörden mit der Begründung der Wahrung der Sicherheit, sondern sogar an beliebige Dritte nach völlig eigenem Ermessen der UEFA, um „illegale Aktivitäten“ wie auch die „Verletzung vertraglicher Verpflichtungen“ zu verhindern. 

Die AGB der UEFA legen nahe, dass alle Online-Ticketanträge an nationalstaatliche Sicherheitsbehörden weitergereicht werden, pauschal im Sinne einer vollständigen, anlasslosen Überwachung, und das sogar unabhängig davon, ob tatsächlich ein Ticket angeboten oder erworben wird. Dabei umfassen die persönlichen Angaben der Ticketanträge nicht nur Namen, Anschrift und Geburtsdatum, sondern darüber hinaus auch Angaben wie Bankverbindung und E-Mail-Adresse. Es ist ziemlich beispiellos, dass ein Unternehmen die Daten seiner Kunden ohne jedes Fehlverhalten derselben freiwillig an Behörden weitergibt. 

„Die UEFA meldet Interessenten nicht nur pauschal, ohne konkreten Anlass, den Behörden, sondern gibt sogar in jedem Einzelfall offensichtlich Daten in weit größerem Umfang weiter, als man es für irgendwie begründet halten könnte“, stellt ProFans-Sprecherin Gloria Holborn die Situation dar und kritisiert weiter: „Die vorbehaltene Weitergabe an beliebige Dritte bleibt völlig unkontrollierbar. Die UEFA muss weder auf Anfrage Betroffener noch einer Datenschutzbehörde konkret darüber Auskunft geben.“ 

Auf die allgemein ausufernde Profilbildung mit personenbezogenen Daten verzichtet auch die UEFA mitnichten. Dafür hält sie noch eine besondere Zumutung bereit: Ein Eintritt zum Champions-League- und Europa-League-Finale erfordert das Mitführen eines Mobiltelefons, auf dem eine von der UEFA herausgegebene App installiert sein muss. 

ProFans-Sprecher Nicolai Mäurer erläutert: „Diese App ist ersichtlich weder quelltextoffen, noch in irgendeiner Weise unabhängig zertifiziert. Fans, die sich dem zwangsläufig unterwerfen, haben praktisch keine Möglichkeit zu prüfen, was diese App, außer dem, was sie zu tun vorgibt, tatsächlich auf dem Handy macht. Fans, die kein Mobiltelefon oder etwa nur eines mit einem alternativen Betriebssystem besitzen oder die ihr Mobiltelefon aus nachvollziehbaren Gründen nicht zum Spiel mit sich führen wollen, sind  vom Besuch der Finals ausgeschlossen.“ 

„Die UEFA zeigt sich damit als ein Verband, der ganz besonders respektlos mit der digitalen Souveränität und Privatsphäre der Fans umgeht“, fasst ProFans-Pressesprecher Sig Zelt zusammen. ProFans verurteilt diesen hemmungslosen Umgang mit persönlichen Daten durch die UEFA scharf. Das Bündnis fordert die europäische Fanvertretung FSE auf, sich bei der UEFA für eine grundlegende Änderung dieser Praxis stark zu machen. 

ProFans, im Mai 2022

ProFans unterstützt die Petition “Reclaim Your Face”

Berlin, den 29.04.2022

Neue, digital basierte Technologien verändern unser Leben, sie vernetzen uns enger und nehmen uns manch Routinearbeit ab. Aber sie werden auch benutzt, um uns auszuforschen, uns zu überwachen, unser Handeln zu beeinflussen. Die über uns gesammelten Daten entblößen uns nicht nur vor denen, die sie besitzen, sondern sie führen auch oft zu ganz falschen Schlussfolgerungen. Wir bewegen uns nicht mehr frei, wenn wir uns mit jedem Schritt überwacht fühlen müssen. Eine anlasslose, automatisierte, massenhafte Personenerkennung auf Grundlage biometrischer Daten greift völlig unverhältnismäßig in unsere Persönlichkeitsrechte ein. Dabei haben wir Sorge, dass gerade Fußballstadien zu einer besonderen Spielwiese kompletter Überwachung werden könnten. Niemand hat das Recht, uns anlasslos auszuspionieren, sei es auf der Straße, in der Bahn, in Geschäften oder im Stadion, sei es eine Behörde oder ein Konzern.

Die Nutzung von Gesichtserkennungssoftware für Bilder von Überwachungskameras ist bereits vielerorts Realität. Aber auch andere biometrische Daten wie unser Gang, unsere Stimme, oder die Art, wie wir auf einer Tastatur tippen, können missbraucht werden, um uns jederzeit zu identifizieren.

“Das geht eindeutig zu weit. Soweit nicht im Ausnahmefall tatsächliche Anhaltspunkte für Straftaten vorliegen, geht es weder eine Behörde, noch eine private Organisation etwas an, was wir tun und lassen, wo wir uns aufhalten und mit wem wir uns treffen“, drückt Sprecher Jörn Brauer die Meinung bei ProFans aus. Wie das Bundesministerium des Innern kürzlich verkündet hat, geht die Kriminalität in Deutschland seit Jahren stetig zurück, im nicht digitalen Bereich sogar drastisch, während gleichzeitig die Aufklärungsquoten steigen. Auch von daher ist es mithin in keiner Weise geboten, die Privatsphäre der Menschen mit neuen biometrischen Technologien zu durchleuchten.

Pressesprecher Sig Zelt sieht dringenden Anlass zum Handeln: “Die einseitige Ausweitung der Macht, die mit biometrisch basierter Überwachung bewirkt wird, muss unterbunden werden. Sie bedroht unsere Freiheit und die Demokratie. Bürgerinnen und Bürger, wie auch Fußballfans aus ganz Europa, halten es für dringend geboten, jetzt dagegen aufzutreten.”

Daher unterstützt ProFans die Initiative “Reclaim Your Face” mit dem Ziel, die Nutzung solcher Technologien durch staatliche, aber auch private Stellen zu verbieten. ProFans ruft jede und jeden dazu auf, die Europäische Bürgerinitiative zu unterstützen, die genau dieses Ziel verfolgt. Die Möglichkeit der Mitzeichnung ist auf der Webseite

https://reclaimyourface.eu/de/

gegeben. Helft alle mit, diese wichtige Petition zu einem Erfolg werden zu lassen!

ProFans, im April 2022

Vor ein paar Tagen erreichte uns eine interessante Nachricht der Berlin-Kreuzberger “Institution Kiez und Kneipe”. Peter S. Kaspar schreibt uns:

Unter anderem Euer Aufruf gegen die WM in Katar hat uns zu einem Projekt inspiriert, das wir nun nach längerer Vorbereitung endlich in Angriff nehmen können. Wir wollen den Spielfim “Der Weg in die Wüste” produzieren, in dem ein fiktiver Nationalspieler sich mit seinem schweren Gewissenskonflikt auseinandersetzen muss, weil er in Katar fußballspielen soll.

Wir halten dieses Projekt für so interessant, dass wir entgegen sonstiger Gewohnheit an dieser Stelle darauf hinweisen wollen. Zur Finanzierung des Filmes läuft bis Ende August eine Crowdfunding-Kampagne, die unter

https://www.startnext.com/der-weg-in-die-wueste

erreichbar ist. Weitere Informationen zum Projekt gibt es unter https://der-weg-in-die-wueste.de/ .

 

Als reines Wirtschaftsunternehmen hat der Fußball keinen Wert

Berlin, den 13.07.2021

An diesem Mittwoch treffen sich die Mitglieder des Ligaverbandes, um darüber zu beraten, wie sie mit der Stellungnahme des Bundeskartellamtes zur sogenannten 50+1-Regel umgehen wollen. Die Behörde hatte signalisiert, dass Zulassungsregeln, die die Freiheit des wirtschaftlichen Handelns der am Spielbetrieb der DFL Teilnehmenden einschränken, um allgemeine sportpolitische Ziele wie der Stärkung des Modells Vereinsfußball zu erreichen, durchaus mit dem Kartellrecht vereinbar seien. Jedoch müsse dann gewährleistet sein, dass diese Regeln für alle Mitglieder gälten – ohne dem Zweck der allgemeinen Regel zuwiderlaufende Ausnahmen.

ProFans bekräftigt in diesem Zusammenhang, dass die 50+1-Regel, die die Stimmenmehrheit der Vereine über ihre Lizenzspielabteilungen bzw. -ausgliederungen sichert, ein wesentliches und unverzichtbares Element im gesellschaftlichen Wertegefüge des deutschen Fußballs ist. „Die 50+1-Regel ist die letzte Bastion, die die demokratischen Mitbestimmungsrechte der Vereinsmitglieder bewahrt und die verhindert, dass allein die wirtschaftlichen Interessen von Investoren über das Schicksal der Lizenzmannschaften entscheiden“, sagt ProFans-Sprecher Jörn Brauer, verbunden mit dem Hinweis: „Dazu hat sich die DFL in der Vergangenheit auch immer wieder in ihren Beschlüssen bekannt.“

Nicht die Einzigartigkeit des Fußballs als Mannschaftssport, nicht die bloße Darbietung eines Spiels zur Unterhaltung des Publikums, macht den Fußball so erfolgreich und gesellschaftlich wertvoll, sondern die aktive Beteiligung und Mitbestimmung durch die breite Fan- und Mitgliederbasis. Deshalb gehört nicht die Regel abgeschafft, sondern vielmehr die Ausnahmen. „Sicherlich wird man den betroffenen Vereinen noch eine Frist zur Anpassung an die Regel geben können, aber eine dauerhafte Beibehaltung ist der Einschätzung des Kartellamtes zufolge rechtlich schlicht unzulässig“, erläutert Sig Zelt von ProFans und fügt hinzu: „Eine solche Befristung ist überfällig, man hätte sie schon vor zwanzig Jahren ins Regelwerk aufnehmen müssen.“

Das Votum des Bundeskartellamtes, nach dem Lizenzauflagen zur Erreichung sportpolitischer Ziele grundsätzlich zulässig sind, eröffnet auch einen Weg, Konstrukten, die zur gezielten Umgehung der demokratischen Mitbestimmung gebildet wurden, die Teilnahme am Lizenzspielbetrieb zu verwehren. Die Zulassung von Vereinen, die einen weitgehend freien Beitritt ihrer Unterstützer und Fans als stimmberechtigte Mitglieder verwehren, verstößt aus der Sicht von ProFans ebenso wie die drei von der DFL derzeit akzeptierten Ausnahmen gegen die Voraussetzungen, die das Bundeskartellamt fordert.

Allein die soziale Integrationskraft, für die die demokratische Mitbestimmung ein fundamentales Element ist, gibt dem Fußball seine herausgehobene gesellschaftliche Stellung. Als reines Wirtschaftsunternehmen hat er, über die bloße Unterhaltung des Publikums hinaus, keinen Wert.

ProFans, im Juli 2021

Gemeinsame Stellungnahme aller deutschen Fanorganisationen

Genug ist genug? Richtungswechsel jetzt!

Die Ereignisse der letzten Tage zeigen: Keine Entwicklung im Fußball muss einfach hingenommen werden. Vereine und Verbände stehen dem Gebaren von sogenannten “Top-Clubs” nicht machtlos gegenüber. Erneut wurde die Reaktion von Fans in ganz Europa unterschätzt. Erstmalig schlossen sich auch Trainer:innen, Spieler:innen und Politiker:innen in dieser Intensität den Protesten an.

Doch die Super-League-Pläne waren nur die Spitze des Eisbergs. Die großmütigen Worte von UEFA, DFL, DFB und Vereinen lassen den Eindruck entstehen, als hätten sie schon immer die Werte des Sports verteidigt. Dabei sind sie es, die im gleichen Atemzug eine Reform der UEFA-Clubwettbewerbe beschlossen haben, in denen die sportliche Qualifikation außer Kraft gesetzt wird. Sie wollen die Regeln des Financial Fairplays aufweichen, statt es konsequenter anzuwenden. Sie haben in den letzten Jahren alle Maßnahmen für den Ausverkauf des Fußballs getroffen, statt einen sportlich fairen und integren Wettbewerb zu fördern. Sie sind in Korruptionsskandale verwickelt und klären diese nicht auf. Sie stellen Gewinnmaximierung in den Vordergrund, statt den Fußball gesellschaftlich zu verankern. Sie unterstützen die Profitgier Einzelner, statt gemeinsame Einnahmen gleichmäßiger zu verteilen.

Appell an alle Fans: Lasst Euch nicht blenden!

Wir rufen alle Fußballfans auf: Die Zeit für einen noch konsequenteren und lauteren Widerstand ist gekommen. Die Ereignisse der letzten Tage haben gezeigt, was möglich ist. Lasst Euch nicht blenden! FIFA, UEFA und die Nationalverbände sind nicht die Heilsbringer des Fußballs, die ihn vor dem Untergang gerettet haben. Vielmehr haben eben diese Verbände die Monopolstellung sogenannter Top-Clubs ermöglicht. Sie haben am Montag eine Reform beschlossen, in der die sportliche Qualifikation außer Kraft gesetzt wird. Sie verweigern seit Jahren eine gleichmäßigere Verteilung gemeinsamer Einnahmen und schrecken vor konsequenten Maßnahmen für Nachhaltigkeit im Fußball zurück. Und sie werden uns ab sofort alle weiteren faulen Kompromisse mit sogenannten Top-Clubs als Rettung des Fußballs verkaufen. Das Motto wird sein: Schluckt diese Pille, denn sonst gründen sie dieses Mal wirklich eine Super League.

Worte? Wir wollen Taten!

Die Reaktionen der letzten Tage von Verbänden und Vereinen haben gezeigt: Konsequente Positionierungen sind möglich und führen zu Veränderung. Es sind viele große Worte gefallen. Die Fußballwelt scheint sich einig: Es geht doch um den Sport und nicht um den maximalen Profit, der Fußball muss eine Solidargemeinschaft sein und die Maßnahmen im Fußball müssen mit dem Willen der Fans in Einklang gebracht werden. Sind all diese Worte morgen wieder vergessen? Bisher kennen wir das von den Verantwortlichen im Fußball nicht anders.

Wir fordern – wie schon so oft – Verbände und Vereine auf, mit den folgenden Maßnahmen umgehend den dringend notwendigen Richtungswechsel zu vollziehen.

Von der UEFA, ihren angeschlossenen Mitgliedsorganisation und Funktionär:innen fordern wir:

• Nehmt die am Montag beschlossenen Reform der UEFA-Clubwettbewerbe zurück und beginnt unter Einbezug von Fans einen neuen Prozess!
• Wendet das Financial Fairplay-Reglements konsequent an – keine Aufweichung!
• Verteilt gemeinsame Einnahmen aus den UEFA-Wettbewerben gleichmäßiger – zwischen den Wettbewerben, den partizipierenden Teams und inklusive erheblicher Solidaritätszahlungen an die nationalen Ligen!
• Berücksichtigt Faninteressen bei allen Entscheidungen verbindlich!

Vom DFB, der DFL, deutschen Vereinen und deutschen Vertreter:innen fordern wir:

• Schließt euch unseren Forderungen auf europäischer Ebene an, fordert diese konsequent ein und verhaltet euch in allen Debatten und Abstimmungen entsprechend!
• Führt ein nationales Financial Fairplays als komplementäre Maßnahme zum europäischen Financial Fairplay ein!
• Positioniert euch für die 50+1-Regel und deren konsequenten Schutz als Garant der Werte des deutschen Fußballs!
• Verteilt zukünftige gemeinsame Einnahmen – insbesondere beim TV-Geld – deutlich gleichmäßiger!
• Berücksichtigt Faninteressen bei allen Entscheidungen verbindlich!

Von der Politik fordern wir:

• Beobachtet die Reaktionen der Funktionär:innen und ihre Maßnahmen jetzt genau – und mischt euch in die Debatten für Fußball als zu schützendes Kulturgut ein!
• Schafft überall dort verbindliche und nachhaltige rechtliche Rahmenbedingungen, wo der Fußball nicht in der Lage ist, sich selbst zu verpflichten!
• An alle Politiker:innen und Regierungen: Ergreift auf europäischer Ebene alle notwendigen Maßnahmen, um unsere Vereine und den Fußball zu schützen!

Es gibt kein Zurück

Wir haben die scheinheiligen Worte von euch, den Verantwortlichen in Vereinen und Verbänden, seit dem letzten Jahr bis zum heutigen Tag nicht vergessen und werden diese auch in Zukunft nicht vergessen. Selbst in der größten Krise des Profifußballs habt ihr eure Eigeninteressen über den Sport gestellt. Versprechungen, den Fußball nachhaltiger, stabiler und bodenständiger zu gestalten, verhallten im Nichts. Bis heute warten wir auf die versprochenen Reformen. Stattdessen habt ihr den Fußball weiter zum Schlechten verändert. Für uns gibt es kein Zurück zum Status Quo. Ihr habt gesehen, was für ein Erdbeben eure Entscheidungen auslösen. Macht euch auf ein weiteres gefasst, wenn ihr nicht endlich die notwendigen Schritte ergreift.

Eine gemeinsame Stellungnahme von:

BAFF – Bündnis aktiver Fußballfans
BBAG – Bundesbehindertenfanarbeitsgemeinschaft
F_in – Netzwerk Frauen im Fußball
FC PlayFair!
QFF – Queer Football Fanclubs
ProFans
Unser Fußball – Initiativgruppe
Unsere Kurve
Zukunft Profifußball

22. April 2021