Fankongress zum Erhalt der Fankultur findet am 14. und 15. Januar 2012 in Berlin statt

Zu einem Fankongress in Berlin lädt die bundesweite Faninitiative ProFans am 14. und 15. Januar 2012 ein. Nach der Demonstration “Zum Erhalt der Fankultur” sehen die Initiatoren den Fankongress, der im “KOSMOS” an der Karl-Marx-Allee stattfinden wird, den logischen nächsten Schritt für einen Fußball der Zukunft, in dem Fans ein elementarer Bestandteil sind.

Auch im Jahre 2011 ist das Fußballfandasein eine Herausforderung. Bilder und Berichte von Ausschreitungen, gepaart mit populistischen Forderungen nach mehr Repression und härteren Gesetzen, bestimmen die Medienberichterstattung und prägen somit auch das Bild von Fußballfans in der öffentlichen Wahrnehmung. Eine Berichterstattung über die vielen positiven Aspekte der Fankultur findet so gut wie gar nicht statt. Ebenso wenig spielen die Herausforderungen eine Rolle, denen Fans sich tagtäglich stellen müssen. Der Alltag von Fans ist bestimmt von Konfrontation und Drangsalierung statt Dialog und Transparenz. Obwohl immer wieder betont wird, wie wichtig Fans für den Fußball sind, wird nur von Partnerschaften zwischen den Verbänden, Vereinen, Sicherheitsorganen, Fernsehanstalten und Sponsoren gesprochen. Fans werden nicht als Gesprächspartner auf Augenhöhe akzeptiert.

Der offizielle Abbruch der Gespräche mit den Verbänden – der Ausstieg aus der AG Fandialog im September 2010 – war die logische Konsequenz aus den oben genannten Zuständen, die auch in den Vorjahren bereits zu beklagen waren. ProFans war und ist weiterhin gesprächsbereit, nimmt es jedoch nicht länger hin, dass man nicht ernsthaft mit den Fans redet – ihnen noch nicht mal wirklich zuhört. Niemand erwartet, dass alle Forderungen 1:1 umgesetzt werden, aber eine ernsthafte, gemeinsame und gleichberechtigte Auseinandersetzung mit den Themen ist unumgänglich. Fans sind keine Bittsteller, Fans sind Teil des Fußballs!

Mit der Fandemo im Oktober 2010 wurde von den Fangruppen ein deutliches Zeichen gesetzt. Die Kampagne „Zum Erhalt der Fankultur“ wurde anschließend mit lokalen Aktionen weiter geführt. Es ist nun an der Zeit, den nächsten Schritt zu gehen. “Wir sind bereit zu diskutieren, zu analysieren, zu reflektieren und Konzepte zu entwickeln. Wir wollen Freiräume und Verantwortung, und daher ist es an der Zeit, dass wir unsere Zukunft selber in die Hand nehmen. Dass wir darüber reden und debattieren, Ideen austauschen und Lösungsansätze entwickeln, wie wir uns die Zukunft von Fans im Fußball vorstellen und wie dies machbar ist. Leidenschaftlich und emotional, aber auch selbstkritisch und realistisch”, so Philipp Markhardt, Pressesprecher von ProFans.

Deswegen wird es am Wochenende vom 14. bis zum 15. Januar 2012 einen aus den Reihen der Fans selbst organisierten Fankongress geben, auf dem zusammen mit anderen wichtigen Entscheidungsträgern in Workshops, Referaten und Podiumsdiskussionen darüber gesprochen werden soll, welcher Fußball in der Zukunft vorstellbar ist und welche Rolle Fans in diesem spielen werden.

ProFans im Oktober 2011

Die Info-Seite zur Initiative „Zum Erhalt der Fankultur“ ist seit wenigen Wochen wieder online. In neuem Glanz gibt es dort ab sofort Hintergrundinformationen zu allen aktuellen Aktionen, so wie künftigen Planungen der Initiative. Natürlich sind ebenso alle Informationen und Berichte zur Fandemo 2010 weiterhin verfügbar. Der aktuelle Inhalt der Website ist abhängig davon, dass uns die einzelnen Fanszenen und Unterstützer der Initiative Beiträge ihrer lokalen Aktionen und Hintergründe zu senden. Bitte macht weiterhin kräftig davon Gebrauch!

Also schaut vorbei auf www.erhalt-der-fankultur.de, der Besuch lohnt sich mehr denn je!

Initiative „Zum Erhalt der Fankultur“ im Oktober 2011

Hallo Fußballfreunde!

Es war ein sonniger Mittwochabend im April 2011. In der schottischen Kleinstadt Perth wurde gerade die 1.Liga Begegnung zwischen dem FC St. Johnstone und Titelaspirant Celtic FC angestoßen. Die Fernsehreporter beginnen gerade das Livespiel zu kommentieren, als plötzlich ca. 20 Fußbälle auf das Spielfeld fliegen. Die Spieler wirken verwirrt und kicken die Bälle vom Platz, während die Reporter spekulieren was los ist. Entweder es handelt sich um einen schlechten Scherz oder aber jemand protestiert auf sehr kreative Weise. Letzteres war der Fall. Die Aktion wurde nicht nur live im Fernsehen gezeigt, sie schaffte es auch landesweit in sämtliche Spielberichtserstattungen im Radio oder der Presse. Hintergrund war ein Protest gegen die Anstoßzeit von 18 Uhr an einem Mittwochabend. Offensichtlich kam es zu dieser für viele Fans sehr unbequemen Anstoßzeit, da das Fernsehen zu späterer Stunde keine Konkurrenz zur Championsleague Übertragung wünschte. Zu diesem Zweck wurde erst kurzfristig die Anstoßzeit geändert. Natürlich gibt es auch in Schottland hin und wieder Spiele unter der Woche. Allerdings ist bei solchen eine Anstoßzeit von 19.30 – 20.00 normal. Eine Zeit, zu der es im Regelfall auch die Auswärtsfans in Schottland schaffen können noch nach der Arbeit zum Spiel zu fahren. „Leider sind unsere Jungs wohl nicht die besten Fußballer“ sagt ein Mitglied der Green Brigade, den Ultras von Celtic, die sich die Aktion ausgedacht haben. Eigentlich sollten 58 Bälle zeitgleich auf dem Rasen landen. Alle Bälle waren beschrieben mit Aufschriften wie „Football for Fans – not for TV“, „Balls on 6pm“ oder einer großen durchgestrichenen 6. Zusätzlich zu den Fußbällen erschienen im Gästesektor des Anhangs aus Glasgow Protestspruchbänder mit gleichem Inhalt. Ob 58 oder nur 20 Bälle, die Aktion sorgte für Aufsehen! Doch so Aufsehenerregend der Protest der Green Brigade von Celtic auch war, er bleibt doch deutlich eine Ausnahme in Großbritannien. Eine Vernetzung aktiver Fußballfans und einen Kampf für Fankultur wie wir sie bei uns kennen, sind in Großbritannien nicht bekannt.

Das Beispiel aus Schottland ist für Fußballfans in Deutschland wohl nichts Neues. Fast scheint es, dass die Verhältnisse bei diesem Thema hierzulande sogar noch schwieriger sind, wenn wir nur an das Montagsspiel der 2. Liga denken. Wir befinden uns in der Schlussphase der Saison 2010/2011, einer Spielzeit bei der in Deutschland sich fanpolitisch einiges getan hat. Am meisten beeindruckte sicherlich die Fandemo im Oktober in Berlin. Aber auch die Arbeit in Kampagnen wie „Pyrotechnik legalisieren-Emotionen respektieren“ oder „Kein Zwanni für’n Steher“, einer Aktion die sich für bezahlbare Eintrittspreise einsetzt, sorgten bundesweit für Aufsehen. Auch wenn nun das Ende der Saison bevorsteht und viele Fanszenen hauptsächlich mit der sportlichen Situation ihrer Vereine beschäftigt sind, ist es wichtig, dass wir das Thema Fanpolitik nicht ganz aus den Augen verlieren.

Wie das Beispiel des Protests in Schottland zeigt, gibt es eine bedrohliche Entwicklung für die Fankultur in ganz Europa. Den meisten werden vor allem die Entwicklungen in Italien vor Augen stehen, die mit der eingeführten Tessera del Tifosi einen negativen Höhepunkt erreicht zu haben scheint. In Frankreich werden zunehmend Ultra- und Fangruppen vom Staat offiziell aufgelöst. Bei Auseinandersetzungen mit der Polizei gab es in den letzten Jahren sogar Tote. Die Beispiele für die Bedrohung von Fankultur sind bekannt und ihre Liste ist schier unendlich lang.

Wir von ProFans sind durch diese vielen Beispiele aus ganz Europa dringlich der Meinung, dass es nötig ist sich mit anderen aktiven Fans unseres Kontinents zu vernetzen, um gemeinsam weiter für den Erhalt von Fankultur zur kämpfen. Wir unterstützen daher die Aktionsspieltage des Netzwerks „Football Supporters in Europe“ (FSE) und rufen die deutschen Fanszenen zu einer Teilnahme an diesen auf. Bereits im letzten Jahr gab es Aktionsspieltage zum Thema „Our Game – Our Time“. In diesem Jahr finden sie unter dem Motto „Rettet die Fankultur/Save Fan Culture“ vom 29.4 bis 16.5. 2011 statt.

In der Erklärung vom Netzwerk FSE werden einige grundsätzliche Forderungen aufgelistet, die Europaweit Geltung finden sollten:
Wir als aktive Stadiongänger und leidenschaftliche Fans aus ganz Europa fordern Vereine, Ligen und Fußballverbände auf:
• die Einführung von Fanausweisen zu stoppen
• Fordern die verantwortlichen Behörden auf, Gesetze und Gesetzesvorhaben zur Kennzeichnungspflicht für Polizei über individuelle Nummern aktiv zu unterstützen
• Fordern verantwortliche Stellen auf, die Einführung von ausgebildeten Ordnern statt Polizei im Stadion voranzutreiben
• Unterstützen die Ausarbeitung von transparenten, liberalen und verhältnismäßigen Regularien zur Verwendung von Fandevotionalien, wie Fahnen, Banner und anderes Tifo-Material innerhalb der Stadien, in engem Austausch mit den Fans
• Wollen Selbstregulierung unter Fans fördern und fordern UEFA, nationale Verbände, Vereine und Behörden auf, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, um entsprechende Entwicklungen zu unterstützen.

ProFans unterstützt diese Forderungen und hofft auf eine rege und kreative Beteiligung, die die Vernetzung mit anderen Fanszenen in Europa voranbringt und bei den Verantwortlichen zu vernehmen ist. Alle nötigen Informationen findet ihr auf der Internetseite der FSE: http://fanseurope.org/de/aktionen.html

Auch wenn ihr momentan den Kopf eventuell voll mit anderen Dingen habt, wäre eine Beteiligung zum Beispiel in Form von Spruchbändern sehr hilfreich. Viele Fußballfans in ganz Europa sind angewiesen auf Unterstützung von Gleichgesinnten, sei es aus dem eigenen, oder aus dem Ausland.

Zum Erhalt der Fankultur – nicht nur in Deutschland

ProFans im April 2011

Hamburg, 23. März 2010 – Die bei ProFans organisierten Gruppen kritisieren den Einsatz der neuen Überwachungsmethode „Smart Eyes“ beim Spiel Fortuna Düsseldorf gegen den VfL Osnabrück. Eine Überwachung, wie sie durch „Smart Eyes“ möglich wird, hat nichts mit der Aufklärung von Straftaten zu tun, sondern baut eine Kulisse der Einschüchterung auf. Das normale Verhalten im Fanblock, das Hüpfen und Singen, das Schreien und Schimpfen wird automatisch registriert und von einem Computersystem verarbeitet.
Wir sehen im Einsatz dieser Technologie eine weitere Entrechtung der Fußballfans, da sie biometrische Daten bei vollkommen normalen Handlungen erfasst und diese mit Hilfe von verschiedenen Datenbanken in gewisse Gefahrenstufen eingeordnet werden.

Diese Herangehensweise hat leider in den letzten Jahren zunehmend Einzug in die Stadien gehalten und trägt nicht dazu bei, das Spannungsfeld zwischen Fans und Polizei zu entschärfen. Anstatt in immer umfangreichere Überwachungstechnologien zu investieren, sollten sich die zuständigen Stellen bereit erklären, die sozialpädagogische Arbeit der Fanprojekte verstärkt zu fördern.
Eine ähnliche Lage stellt sich für uns bei der Verwendung von „Indect“, einer weiteren Überwachungsmethode, die sich momentan in der Erforschung befindet, dar. Weiterhin ist es schlicht nicht hinnehmbar, dass wir Fußballfans einmal mehr ohne vorherige Information zu Versuchsobjekten von Sicherheitstechnologie werden. Weder die Fans aus Düsseldorf, noch die aus Osnabrück wurden über den Einsatz der „Smart Eyes“ informiert. Es ist einzig und alleine der Verdienst der kritischen Fans und Journalisten, dass wir im Nachgang des Spieles von dem Einsatz dieser Überwachungsmethode erfahren haben.
Wir werden den Einsatz von „Smart Eyes“ und „Indect“ weiter kritisch beobachten und unsere Aktionen in diesem Bereich ausbauen. Es scheint, als wären wir Fans einmal mehr das Versuchsfeld für technische Neuerungen im Bereich Überwachung. Die Stadien sind nur der Anfang, ist das System hier ausreichend getestet, ist eine Ausweitung auf die Straßen und öffentlichen Plätze in Deutschland wohl nur eine Frage der Zeit.

Weitere Informationen:

http://www.stopp-indect.info/
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-77299719.html

Anfang Dezember 2010 haben sich mehr als 50 Ultra-Gruppierungen von über 40 Vereinen gemeinsam zur Kampagne „Pyrotechnik legalisieren – Emotionen respektieren“ zusammengeschlossen, um sich für einen legalen und verantwortungsvollen Umgang mit Pyrotechnik einzusetzen.

Da sich die Situation im Umgang mit Pyrotechnik in den letzten Jahren zusehends verhärtete, sieht „ProFans“ die Kampagne als Chance, alle Beteiligten an einen Tisch zu bekommen und konsensorientiert Lösungen zu erarbeiten. Vor allem muss aus dem Teufelskreislauf von Strafen der Verbände, medialem Druck auf die Vereine und fehlender Nachvollziehbarkeit bei den Fans ausgebrochen werden. Dabei geht es vor allem darum, das weit verbreitete Bild differenzierter zu betrachten und Pyrotechnik nicht mit Randale gleichzusetzen, weshalb es unablässig ist, die Thematik aus dem Schatten der Kriminalität zu holen. Die Distanzierung von Böllern, Raketen und dem Werfen dieser stellt dabei einen unverzichtbaren Teil dar, die Kampagne auf seriöse und glaubwürdige Beine zu stellen.

In der zweiten Januar-Woche wurde dazu seitens der Kampagne ein unterstützenswertes Konzept an die Verantwortlichen des DFB übergeben, mit dem Ziel, dieses als Grundlage für nun folgende Gespräche zu nutzen. „ProFans“ fordert einen fairen und konstruktiven Dialog zwischen den Kampagnenvertretern und dem DFB. Da die “AG Fandialog” seitens der großen Fanorganisationen nach und nach als immer weniger konstruktiv bewertet wurde, zogen sich „ProFans“, „BAFF“, „F_in“ und „Unsere Kurve“ im August 2010 folgerichtig aus dieser “AG” zurück. Die genannte Kampagne stellt nun den Versuch dar, die Gespräche zwischen Verbänden und Fans neu zu initiieren. Die Fan-/Ultraszenen sind nicht nur bereit Eigenverantwortung zu übernehmen. Vielmehr gehen sie mit ihrem Konzept einen Schritt auf die Verbände zu. Der DFB ist nun gefordert zu zeigen, dass Fanbelange für ihn tatsächlich von Intresse sind.

„ProFans“ sieht sich als Teil der Kampagne „Pyrotechnik legalisieren – Emotionen respektieren“ und wird diese bestmöglich unterstützen. Strafen, mediale Ächtung und Repressionen gehen alle Fußballfans etwas an, weshalb „ProFans“ auf eine breite Unterstützung und Solidarisierung seitens vieler Institutionen und Fans hofft.

ProFans Februar 2011