Seit seiner Gründung kritisiert das Fanbündnis ProFans die Anwendung von Stadionverboten und fordert die Unschuldsvermutung für Fans wie auch für Funktionäre. Ein besonders schillernder Fall der Ungleichbehandlung durch Vereine und Verbände zeigt sich an den Ermittlungsverfahren gegen die Herren Niersbach, Zwanziger und Schmidt wegen Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall.

Alle Vereine und die Verbände haben sich in den „Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten“ auf gemeinsame Grundsätze zur Vergabe von Stadionverboten geeinigt. Fans kritisieren insbesondere die verpflichtende Verhängung von Stadionverboten auf Grund eines aufgenommenen Ermittlungsverfahrens. Bei vielen Fans stellt sich im Laufe der Ermittlungsverfahren heraus, dass ihnen keine Schuld nachgewiesen werden kann oder die Betroffenen sogar unschuldig sind. „Dennoch müssen die meisten Fans in diesem Zeitraum auf Grund des verhängten Stadionverbots mit erheblichen Einschränkungen ihrer freien Lebensgestaltung leben“, fasst ProFans-Sprecher Jonas Negenborn zusammen.

Immer wieder muss dabei festgestellt werden, dass die Verbände und Vereine mit unterschiedlichen Maß messen. Das aktuelleste Beispiel datiert vom 3. November 2015 – an diesem Tag verkündete die Frankfurter Staatsanwaltschaft die Aufnahme von Ermittlungsverfahren gegen Wolfgang Niersbach, Theo Zwanziger und Horst R. Schmidt auf Grund des Verdachts der Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall.

Die „Richtlinien zur einheitlichen Behandlung von Stadionverboten“ sagen unter $4(3)15:
Ein überörtliches Stadionverbot (§ 1 Abs. 5) soll ausgesprochen werden bei eingeleiteten Ermittlungs- oder sonstigen Verfahren, insbesondere in folgenden Fällen (schwerer Fall):
[…]
15. Sonstige schwere Straftaten im Zusammenhang mit Fußballveranstaltungen.

Eine Steuerverkürzung in einem besonders schweren Fall ist dem Strafmaß nach als schwere Straftat zu werten. Das Strafmaß bei einer Steuerhinterziehung in einem besonders schweren Fall beläuft sich auf 6 Monate bis 10 Jahre und ist damit höher als bei zahlreichen Tatvorwürfen, für die Fußballfans Stadionverbote erhalten haben. Sollten die Vorwürfe tatsächlich zutreffen, steht es für ProFans und die angeschlossenen Gruppen außer Frage, dass diese Straftat in einem direkten Zusammenhang mit einer Fußballveranstaltung stattfand.

„Grundsätzlich lehnt ProFans Stadionverbote ab und wir begrüßen es, dass für die beschuldigten Herren auch öffentlich die Unschuldsvermutung greift“, bewertet ProFans-Sprecher Nicolai Mäurer den Vorgang. „Nur müssen dann die Vereine und Verbände so konsequent sein und dies für alle Betroffenen gelten lassen. Was zur Zeit passiert, ist eine schreiende Ungerechtigkeit.“

Daher fordert ProFans die Aufhebung aller auf Grund von laufenden Ermittlungsverfahren zur Zeit noch gültigen Stadionverbote, sowie die Aufhebung aller Stadionverbote, die noch in Kraft sind, obwohl das Verfahren nach § 153 StPO eingestellt wurde. Auch in den letzteren Fällen ist die Schuld der Betroffenen nicht erwiesen. „Wir fordern daher: Stadionverbote und ihre bisherige Vergabepraxis gehören abgeschafft – für alle!“ betont ProFans-Sprecherin Ela Mateika.

ProFans im Januar 2016

Kurz vor dem Start der Rückrunde, verleiht das unabhängige Bündnis ProFans der Fanszene vom Hamburger SV den Negativpreis „SAM“ für die Hinrunde der Saison 2015/16. Insgesamt erwischten die Hamburger die schlechtesten Anstoßzeiten der ersten drei Ligen.

Die Abkürzung SAM steht für „SpielAnsetzungsMonster.“ Das SAM wird seit der Saison 2015/16 zwei Mal im Jahr als Negativpreis an die Fanszene vergeben, die am meisten unter den fanunfreundlichen Anstoßzeiten leiden muss. Der Preis soll die Fanszenen zu noch mehr Engagement gegen diese unerträglichen Missstände motivieren und die Öffentlichkeit über die Problematik aufklären.

ProFans dokumentiert fortwährend, wie unerträglich viele Anstoßzeiten für die aktiven Fanszenen sind. In einem Ranking der Hinrunde landen auf den Plätzen Zwei und Drei die Fanszenen von Eintracht Braunschweig und dem TSV 1860 München. Unter den ersten 10 Plätzen landen auch die Fanszenen vom 1. FC Magdeburg, der SG Dynamo Dresden und dem Halleschen FC. Daran wird deutlich, dass die Problematik nicht nur für die 1. und 2. Bundesliga besteht.
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ProFans wird im Kampf um fangerechtere Anstoßzeiten nicht nachgeben und auch im Jahr 2016 weiter kämpfen. Die Einführung einer neuen Anstoßzeit am Sonntag um 19:30 Uhr zeigt, wie aktuell das Thema bleibt. Wir fordern die DFL auf, endlich eine Kursänderung bei den Spielansetzungen einzulegen, um den aktiven Fans des Landes auch weiterhin die Möglichkeit zu geben, ihre Mannschaften zu unterstützen und lautstarke Stimmung in die Stadien zu bringen.

Der Fußball lebt durch seine FANS!

ProFans, im Januar 2016

Auch für die bei ProFans angeschlossenen Gruppen ging mit 2015 ein ereignisreiches Jahr zu Ende. Ein Jahr, gekennzeichnet durch unerfreuliche Ereignisse wie Fanutensilienverbote, Regressforderungen, fanfeindliche Anstoßzeiten und durch das Verlassen der Dialogstrukturen beim DFB. Lichtblicke im Sinne der aktiven Fans wurden, wenn überhaupt, zumeist lediglich auf lokaler Ebene erreicht.

Mit der Verleihung des Spielansetzungsmonsters SAM weist das Fanbündnis seit der Saison 2014/15 auf die Missstände bei den Spielansetzungen hin. „Durch einen immer weiter zerstückelten Spieltag und die unsäglichen Freitags- bzw. Montagsspiele wird es vielen Auswärts- und Heimfans immer schwieriger die Spiele ihrer Mannschaft zu besuchen“, fasst ProFans-Sprecher Jonas Negenborn zusammen. Eine Mischung aus kommerziellen Interessen und teilweise nicht nachvollziehbaren polizeilichen Auflagen führten zu untragbaren Ansetzungen auch in der Hinrunde 2015, an deren Ende die Fanszene des Hamburger Sportvereins als Gewinnerin des SAM gekürt werden musste.
Einziger kleiner Lichtblick bleibt hierbei, dass die DFL an ihrer Linie einer relativ frühen Terminierung festhält. „Dieser Umstand gibt den Fans schon mehr Planungssicherheit“, räumt Jonas Negenborn ein. „Nichtsdestotrotz führen die Fankurven hier eine Abwehrschlacht und es werden immer neue Spieltermine diskutiert.“ Zuletzt führte u.a. die Ansetzung der ersten Runde im DFB-Pokal zu einer Welle des Protestes in den Fankurven. ProFans weist mit Nachdruck darauf hin, dass aufgrund der fanfeindlichen Terminierungen selbst bei den Branchengrößen der Kartenvorverkauf teilweise immer schwerfälliger läuft.

Die Konfrontation mit Regressforderungen in existenzbedrohender Höhe, die lediglich auf einem fiktiven, künstlich geschaffenen und nicht wirklich entstandenen „Schaden“ beruhen, sehen viele Fans, aber auch Juristen, als herbes Unrecht. In einer gemeinsamen Stellungnahme mit der AG Fananwälte forderte ProFans die Rücknahme des 9-Punkte-Papiers, das maßgeblich vom DFB-Vizepräsidenten Rainer Koch verantwortet wurde. In den folgenden Gesprächen unterstrich der DFB noch einmal seine Vorstellungen von Dialog, die leider nur vorsehen, seine eigenen Ansichten zu artikulieren und keine Gegenmeinung anzunehmen. Letzte Urteile aus Hannover und Köln weisen aber darauf hin, dass die Rechtslage, entgegen der Behauptung des DFB, nicht ganz so eindeutig im Sinne der Vereine ist.

Im Widerspruch zu dem am Saisonbeginn vom DFB herausgegebenen Empfehlungsschreiben setzte dessen Sportgericht auch weiterhin Fanutensilienverbote ein, was die Fanszenen als Kollektivbestrafung empfinden und daher weder mittragen, noch einsehen, sondern, vielfach erfolgreich, zu unterlaufen versuchten. Dennoch bleibt als Effekt ein Angriff auf die Selbstverantwortung der Kurven, anstatt sie zu stärken. Der Umgang mit dieser Thematik zeigt dann auch auf, warum ProFans und andere Beteiligte im Herbst 2015 die Dialogstrukturen beim DFB verließen. „Ein Dialog auf Augenhöhe ist seit Jahren mit dem DFB nicht möglich“, so ProFans-Sprecher Alex Schulz. „Es wurde von Fanseite viel ehrenamtliche Arbeit und Zeit investiert, aber der Verband ist in seiner Struktur unflexibel, intransparent, unzuverlässig und nicht entscheidungsfähig.“

Die kurze Zeit später aufkommenden Fragen rund um die WM-Vergabe 2006 und der Umgang mit den Vorwürfen sind aus der Sicht von ProFans stellvertretend für einen DFB, der in veralteten Strukturen und Personal verhaftet ist. Derzeit deutet nichts darauf hin, dass der DFB sich eine Struktur und Führungspersonen geben kann, die für Transparenz und saubere Verbandsarbeit stehen. Daher hält ProFans grundlegende Reformen im DFB für notwendig, die weit über das Auswechseln einiger weniger Spitzenfunktionäre hinausgeht. Kurzfristig gehört dazu eine Reform des DFB-Sportgerichts, das zur Zeit als eigene machtvolle Instanz zur weiteren Eskalation zwischen Fans und Verbänden beiträgt und das sich auf sportliche Fragen beschränken sollte.

Auch 2016 stehen für die Fans ungewisse Zeiten an. Bei der kommenden Neuausschreibung der TV-Rechte drohen weitere Verschlechterungen bei den Spielterminen. Allerdings haben die DFL und die Interessenten es selbst in der Hand, hier nun einzulenken und der deutschen Fankultur Luft zum Atmen zu geben. Gerade in Zeiten, in denen der sportliche Wettbewerb an Spannung zu wünschen übrig lässt, sind stimmungsvolle und farbenfrohe Fankurven inzwischen weitgehend zu einem Alleinstellungsmerkmal des deutschen Fußballs unter den europäischen Topligen geworden. „Mehr Geld würde den Weg der Entfremdung des Fußballs von seinen Fans nur noch manifestieren“, urteilt ProFans-Sprecher Sig Zelt. „Die Aufblähung des finanziellen Umsatzes und der Spielergehälter macht den Fußball keineswegs attraktiver; vielmehr sind es die Massen an Fans, von deren Emotionen der Fußball lebt.“

Neben den genannten kritischen Punkten sieht ProFans für das Jahr 2016 insbesondere die Infragestellung der 10 %-Regel für Gästefans als gravierendes Problem. Maßgeblich auf Veranlassung der Sicherheitsbehörden mussten die Fans in den letzten Monaten immer wieder Ticketreduzierungen hinnehmen. Wie unsachlich dabei die Forderungen und realitätsfremd die Einschätzungen der Polizei sind, zeigen die Diskussionen rund um das Revierderby. ProFans hat den Eindruck, dass sowohl Sicherheitspolitiker wie auch polizeiliche Kräfte sich auf Kosten von Fußballfans profilieren wollen und damit vom eigenen Versagen in anderen gesellschaftlichen Bereichen abzulenken versuchen. „Die Auswärtsfans sind nicht das Problem, sie sind nur die Gruppe mit der kleineren Lobby. Anstatt die Anzahl zu reduzieren und gerade die Besonnenen unter ihnen durch schikanöse Bedingungen zu vergraulen, kommt es vielmehr darauf an, Letztere zu stärken“, bringt ProFans-Sprecherin Gloria Holborn die Meinung der Fans zum Ausdruck.

Die bei ProFans organisierten Fanszenen werden weiterhin den Finger in die Wunde legen und Missstände auch im Jahr 2016 benennen und bekämpfen.

ProFans im Januar 2016

Die bei ProFans angeschlossene AG „ProFans Hertha B.S.C.“ kritisiert Material und Innenstadtverbote für Gästefans beim kommenden Bundesligaspiel SV Darmstadt 98 – Hertha B.S.C. (12.12.15). ProFans dokumentiert die Stellungnahme von ProFans Hertha B.S.C.:

Endlich mal wieder nach Darmstadt. Und dann das!
Es ist zu einer traurigen Angewohnheit geworden, vor jedem Auswärtsspiel auf die Homepage von Hertha B.S.C. zu gucken, um herauszufinden, welche Fanutensilien im Gästeblock erlaubt sind. Unsere Haltung ist klar: Fanutensilien sollten immer und überall freigegeben werden! Sie sind Bestandteil unserer Fankultur und kein Sicherheitsrisiko. Fanutensilien bringen Farbe in die Fanblöcke und machen das Spektakel auf den Rängen zu einem besonderen Erlebnis.

Obwohl selbst die Verbände eine grundsätzliche Freigabe von Fanutensilien empfehlen (http://www.dfb.de/fanbelange/fanbelange/download/), verbieten Vereine immer wieder diverse Materialien. Beim Blick auf die Angaben zum Spiel in Darmstadt trauten wir unseren Augen nicht! Bis auf zwei Megafone, zwei Trommeln und Zaunfahnen wurden alle optischen Unterstützungsmittel verboten. Weder kleine Fahnen, noch Doppelhalter oder Schwenkfahnen werden erlaubt.

Abgesehen davon, dass diese unbegründeten Repressionen gegen Gästefans eine bodenlose Frechheit und ein Angriff auf unsere Fankultur sind, ist das Verbot auch aus Sicherheitsgründen völlig unsinnig. Es ist davon auszugehen, dass Fans von Hertha B.S.C. wie gewöhnlich ihre Fahnen und Doppelhalter zum Auswärtsspiel mitbringen werden. Wenn das Verbot aufrechterhalten wird, ist mit intensiven Diskussionen im Einlassbereich zu rechnen, die erfahrungsgemäß auch ein gewisses Eskalationspotential haben können.

Des Weiteren wurde der Fanszene über die Fanbetreuung bekannt gegeben, dass es den Fans von Hertha BSC nicht gestattet sein wird, die Innenstadt von Darmstadt zu betreten. Eine Fanverteilung sei aufgrund der Größe der Stadt nicht zu gewährleisten. Nicht nur, dass bereits andere Fans sich in der Stadt frei bewegen durften, auch gibt es keine Präzedenzfälle von einem Aufeinandertreffen der beiden Fanszenen, die als Begründung für die Beschneidung der grundrechtlich geschützten Fortbewegungsfreiheit heran gezogen werden könnten.

ProFans Hertha B.S.C. fordert daher den SV Darmstadt 98 und die zuständigen Sicherheitsbehörden dringlich auf, die Material- und Innenstadtverbote aufzuheben!

ProFans Hertha B.S.C. im Dezember 2015

ProFans kritisiert den erneuten Vorstoß seitens der Innenministerkonferenz zur Reduzierung von Gästekontingenten und ruft dazu auf, die Petition des Herausgebers von Faszination Fankurve zu unterschreiben und weiter zu verbreiten:

Hier geht’s zur Petition