Das bundesweite Bündnis ProFans ruft die aktiven Fußballfans des Landes dazu auf, gegen die nun beschlossene Einführung von Montagsspielen zu protestieren. Seit einigen Wochen ist die Einführung von regulären Montagsspielen in der 1. Bundesliga ab der Saison 2017/2018 beschlossene Sache. Im Zusammenhang mit der Ausschreibung der Vermarktungsrechte verwies die DFL in ihrer Argumentation erneut vor allem auf die Konkurrenzsituation mit anderen Ligen in Europa. Für ProFans ist diese Ausgangslage kein Grund, die Proteste einzustellen. „Wir werden uns dem Diktat des Marktes niemals beugen. Wir sind nicht naiv und verweigern uns der grundsätzlichen Realität des modernen Fußballs. Das heißt aber noch lange nicht, dass der Fußball nur noch interessant sei, wenn er möglichst täglich im Fernsehen zu sehen ist.“, sagt ProFan-Sprecher Alex Schulz.

DFL-Geschäftsführer Christian Seifert wird am 12.04.2016 bei faz.net mit den Worten zitiert, dass er die „Befürchtungen der Fans“ ernst nehme, die „deutsche Fanszene“ allerdings aus „mehr als den mitreisenden Fans“ bestehe. ProFans-Sprecherin Gabriele Mateika kommentiert diese Aussage: „Es mag sein, dass die meisten Fußballfans in Deutschland die Spiele im Fernsehen schauen. Ohne stimmungsvolle Stadien und eine gewisse Brisanz bei den Partien wäre das Interesse allerdings schnell verschwunden. Ohne die aktiven Fanszenen des Landes würden auch keine TV-Fans existieren. Herr Seifert sollte das eigentlich am besten wissen.“

ProFans ruft alle Fans des Landes dazu auf, gegen Montagsspiele – egal in welcher Liga – zu protestieren. Viele Gruppen und Kurven kritisieren seit langem fanunfreundliche Anstoßzeiten und besonders Montagsspiele. Diese Proteste sollen nun ausgeweitet werden. „Jetzt erst recht! Wir rufen alle zur Solidarität mit den Gästefans auf!“, so ProFans-Sprecher Jakob Falk und betont: „2012 haben die Fanszenen schon einmal eindrucksvoll gezeigt, wie kraftvoll gemeinsamer Protest sein kann. Wir begrüßen ausdrücklich die Entscheidung der Cannstatter Kurve sowie der Bremer Ultràgruppen Infamous Youth und Caillera, das erste Montagsspiel am 2. Mai in Bremen zu boykottieren.“

Wie Fußballstadien an Montagen eigentlich aussehen sollen, zeigt eine Foto-Aktion verschiedener Fanszenen unter http://www.profans.de.

Für fangerechte Anstoßzeiten – gegen Montagsspiele!

ProFans im Mai 2016

Montagsspiele und Gästefanverbote

Der 32. Bundesliga-Spieltag der Saison 2015/2016 wird als ähnlich schwarzer Moment für die Fankultur in die Geschichte eingehen, wie der 12.12.12 an dem das DFL-Sicherheitspapier verabschiedet wurde.
DFB und DFL treiben ihr Vorhaben voran, Montagsspiele auch in der Bundesliga einzuführen und lassen unter dem Vorwand des 1. Mai einen Testballon los. Lobbygruppen die Einfluss auf den Fußball haben wird damit entgegengekommen: Polizei und Innenminister haben einen fußballfreien 1. Mai und der übertragende Pay-TV Sender wird auf Grund der weiteren Zerstückelung des Spieltags zufriedengestellt. Nur der Fan bleibt wie so oft auf der Strecke und muss sehen, wie er auf die Schnelle eine weitere Auswärtsfahrt an einem Werktag organisiert bekommt.
Gerechtfertigt wird die Neuerung auch mit dem Hinweis, dass man den Vereinen VfL Wolfsburg und Borussia Dortmund eine größtmögliche Erholung nach Europapokalspielen ermöglichen will. Dies könnte bedeuten, dass das bislang auf Montag den 2. Mai terminierte Spiel Werder Bremen gegen den VfB Stuttgart noch mit Borussia Dortmund gegen den VfL Wolfsburg getauscht wird. So müssen sich also gleich vier Fanszenen auf ein Montagsspiel einstellen. Planungssicherheit Fehlanzeige. Robin Dutt, Sportvorstand des VfB Stuttgart, nennt es „absolut nicht nachvollziehbar“, dass das Spiel in Bremen montags stattfinden soll. Des Weiteren befürchtet Dutt, dass die Schwaben durch die Verlegung des Spiels „auf die Unterstützung eines Großteils der Fans verzichten“ müssen, was einem „Wettbewerbsnachteil“ gleichkommt. Am selben Spieltag setzt der DFB über sein Sportgericht ein komplettes Gästefanverbot beim Hessen-Derby Darmstadt gegen Frankfurt durch, auf das beide Fanlager schon seit Ewigkeiten warten. Parallel werden regelmäßig Fanszenen durch Zaunfahnen- und Choreografieverbote eingeschränkt. Reduzierte Gästekontingente sind mittlerweile die Regel.
Auf Forderungen der Fans scheint man in Frankfurt weder bei der DFL noch beim DFB zu hören. Dass die Umsetzung der Montagsspiele trotz vorhandener Strukturen gegenüber Fanorganisationen vorab nicht kommuniziert wurde ist bezeichnend und ein weiterer Schlag ins Gesicht. Der deutsche Fußball der im In- und Ausland zu einem großen Maße auch durch seine laute und bunte Fankultur repräsentiert wird, beraubt sich durch die aktuellen Einschränkungen und Spieltagsansetzungen einer seiner größten Stärken. Was in erster Linie zählt, ist die Generierung immer höherer finanzieller Einnahmen – ohne Rücksicht auf Verluste.
Trotz aller Rückschläge sollte man sich gerade jetzt als Fußballfan klar positionieren und für Faninteressen stark machen. Die Cannstatter Kurve hat es vorgemacht und vor einigen Tagen zu einem Boykott des Montagsspiels in Bremen ausgerufen. Die Aktionen rund um 12:12 an denen sich Fans jeglicher Couleur beteiligten, haben gezeigt, welche Wirkung ein überregionaler Protest erzielen kann. Nur als möglichst großer Zusammenschluss können wir den Fußball den wir alle kennen und lieben erhalten und einen Teil dazu beitragen, dass man von DFB und DFL nicht länger ignoriert wird.

Coloniacs im April 2016


Mehr zur Protestaktion der Canstatter Kurve gibt es hier

Das Bündnis ProFans kritisiert die im Vorfeld der Begegnung SV Darmstadt 98 – SG Eintracht Frankfurt angekündigte Allgemeinverfügung aufs Schärfste und stellt die Rechtmäßigkeit dieser völlig überzogenen Maßnahme in Frage. Eine Allgemeinverfügung, welche die Rechte einer ganzen Fangemeinschaft im Kollektiv beschneidet, kann niemals im Sinne rechtsstaatlicher Prinzipien erlassen werden. Abgesehen davon, dass einzelne Aufenthaltsverbote ohnehin schon als fragwürdig betrachtet werden können, stellt diese erweiterte Form, eine ganze Gemeinschaft von Gästefans in ihrer Freiheit einzuschränken, eine neue Repressionsstufe dar. Es drängt sich hierbei der Eindruck auf, dass die Einschränkung der grundrechtlich geschützten Bewegungsfreiheit gar nicht eigenständigen Sicherheitserwägungen folgt, sondern in Wahrheit vielmehr das vom DFB verfolgte Prinzip der Kollektivbestrafung durchsetzen soll: Nach der Bestrafung des Deutschen Fußball-Bundes, wonach die Frankfurter Fans am Samstag bei ihrem Auswärtsspiel in Darmstadt den Gästeblock nicht betreten dürfen, berufen sich die Verfechter dieser Allgemeinverfügung auf genau dieses vom Verband gefällte zweifelhafte Urteil.

Nun dürfen Eintracht-Fans noch nicht einmal nach Darmstadt reisen bzw. sich in der Stadt aufhalten. Schon die bloße Durchfahrt mit einem Eisenbahnzug etwa von Heidelberg nach Frankfurt wird durch die Verfügung grundsätzlich untersagt. Sowohl die Definition des betroffenen Personenkreises als auch der möglichen Ausnahmen ist derart unscharf gehalten, dass sie willkürlichen Entscheidungen Tür und Tor öffnet. Es bleibt gar eine Frage der Auslegung, ob nicht auch die Spieler des Gastvereins unter das Aufenthaltsverbot fallen. Die Begründung der Allgemeinverfügung lässt außerdem vermuten, dass diese absichtlich und ohne sachlichen Grund derartig kurzfristig erlassen wurde, nur um zu verhindern, dass etwaige erfolgreiche Klagen dagegen noch vor dem Spieltag rechtswirksam werden können.

„Die Stadt Darmstadt sanktioniert mit der Verfügung eine Personengruppe von sechsstelliger Zahl, nicht nur ihrer freien Meinungsäußerung, sondern allein schon ihrer Gesinnung wegen, indem sie das Recht des Aufenthalts im Stadtgebiet davon abhängig macht, welchem Fußballverein man zuneigt. Dieser Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Meinungsfreiheit ist skandalös“, kritisiert ProFans-Sprecher Sig Zelt. Bereits im Vorfeld des Gastspieles von Hertha BSC hatten die Darmstädter Behörden deutlich erkennen lassen, dass Gästefans – ohne Rücksicht auf ihr persönliches Verhalten – in der Stadt nicht willkommen sind. „Traurig,“ so Sig Zelt weiter, „dass DFB und DFL, obwohl sie sich öffentlich einer Willkommenskultur für Gästefans verschreiben, hier offenbar keinen Anlass sehen, sich auf die Seite der pauschal diskriminierten Fans zu stellen.“

„Wir haben den Eindruck, dass die Einschränkung von Bewegungsfreiheit den Behörden zunehmend als das probateste Mittel erscheint, um in ihren Augen für Ruhe und Ordnung zu sorgen“, bemerkt ProFans-Sprecherin Gabriele Mateika und verweist in dem Zusammenhang auf die zuletzt immer häufigeren Fälle, bei denen Gruppen von Fans wegen in die Länge gezogener Kontrollen deutlich später ins Stadion gelangten oder mit fadenscheinigen Begründungen zurückgeschickt wurden und das Spiel vor Ort nicht sehen konnten.

Angesichts dieser Entwicklungen wirken verbandsinterne Dialogangebote an die Fans oder von Politikern ausgerufene „Fußballgipfel“ wie pure Heuchelei. Dazu ProFans-Sprecher Nicolai Mäurer: „Aus welchem Grund sollten wir uns wieder mit den Verbänden oder gar den Behörden an einen Tisch setzen, wenn den Verantwortlichen nichts Besseres einfällt, als sich hinter der Ausrede von den Sachzwängen zu verschanzen und sie uns an jedem Spieltag mit neuen Repressionen in den Rücken fallen und versuchen, die Fans gegeneinander aufzuhetzen?“

ProFans im April 2016

Berlin, den 30. März 2016 – Rund einhundert aktive Fans, von Szenen der verschiedensten Fußballvereine der 1. bis 4. Spielklasse Deutschlands entsandt, sind am Karsamstag in Hannover zusammengekommen und haben mit Vereinsverantwortlichen aus dem ganzen Land über eine neue Form des Dialogs wie auch über inhaltliche Themen debattiert.

Nachdem der 2007 ins Leben gerufene Fandialog unter der Federführung des DFB über all die Jahre praktisch ergebnislos verlaufen war, hatten alle daran beteiligten Fanorganisationen im letzten Herbst jene Gespräche aufgekündigt. Mit dem neuerlichen Anlauf wollen die bundesweit tätigen Fanbündnisse ProFans und Unsere Kurve zeigen, dass ihnen an einem ergebnisorientierten Dialog mit Verantwortlichen des deutschen Fußballs sehr gelegen ist.

So ging es in Hannover darum, festzustellen, wo gemeinsame Interessen und Standpunkte im Spannungsfeld zwischen Fankultur und Vereinszielen liegen. Während etwa zur Frage der Kommerzialisierung des Fußballs durchaus unterschiedliche Ansprüche bestehen, herrschte weitestgehende Einigkeit darüber, dass der gesellschaftliche, aber auch der kommerzielle Wert der gelebten Fankultur für den deutschen Fußball weitaus höher ist, als ihr allem Anschein nach durch den DFB zugemessen wird.

Auch in der Frage zur Vorstellung eines gelungenen Spieltages konnten Gemeinsamkeiten herausgearbeitet werden. Darüber hinaus führte der gemeinsame Dialog zu mehr Verständnis für abweichende Positionen, die sich aus der jeweiligen Berufs- bzw. Fanrolle ergeben. Von Seiten der Fans war es ein Anliegen hervorzuheben, dass sie es als Fußballfans leid sind, vor allem auswärts, als Sicherheitsrisiko wahrgenommen zu werden, da diese Sicht alle Maßstäbe der Wirklichkeit verzerrt. An dieser Stelle spielte insbesondere das Thema Kollektivstrafen, verordnet durch den DFB, eine besondere Rolle. Kollektivstrafen, so der einhellige Tenor der Teilnehmerinnen und Teilnehmer, widersprechen nicht nur rechtsstaatlichen Grundsätzen, sondern erfüllen ebenso wenig ihren Zweck. Die gängige Praxis des Verhängens von Kollektivstrafen durch das Sportgericht des DFB, nach tatsächlichem oder auch nur empfundenem Fehlverhalten einzelner Zuschauer, gehört daher dringend infrage gestellt.

Die den Kongress tragenden Fanorganisationen rufen zu einer gesellschaftlichen Debatte über diese bis dato gängige Praxis des DFB auf und fordern die Abschaffung von Kollektivstrafen, die Fans in Sippenhaft nehmen und Vereine für das Handeln Einzelner verantwortlich machen.

Fans wie auch Vereinsverantwortliche sind sich einig, den Austausch weiterführen und diese Plattform als festes Instrument des Dialogs etablieren zu wollen. Dazu ist bereits eine Nachfolgeveranstaltung im Herbst dieses Jahres ins Auge gefasst.

ProFans und Unsere Kurve, 30. 3. 2016

Faszination Fankurve hat das folgende Interview zum Fankongress 2016 mit uns geführt:

Fankongress 2016: Dialog zwischen Fans & Vereinen

Am 26. März 2016 organisieren Fans in Hannover einen neuen Fankongress. Ziel ist es, dass Fan- und Vereinsvertreter in einen Dialog kommen. Anders als bei den bisherigen Fankongressen handelt es sich dieses Mal um einen Einladungskongress. Faszination Fankurve sprach mit den Organisator_innen:

Faszination Fankurve: In wenigen Wochen wird es wieder einen Fankongress geben. Wann und wo findet dieser statt und wer wurde dazu eingeladen?
ProFans: Aufgrund der Termindichte bis zum Spielbetrieb der kommenden Saison gestaltete sich die Terminfindung schwerer als sonst und so entschieden wir uns für den 26. März. Anders als bei den beiden vorangegangenen Kongressen haben wir uns diesmal für einen reinen „Einladungskongress“ entschieden und alle Vereine und die meisten Fanszenen von Liga 1 bis zu den Regionalligen angeschrieben. Stattfinden wird der Kongress dieses Jahr in Hannover. Auch wenn die Vereinsführung von Hannover 96 in der Vergangenheit sicherlich nicht als Vorbild aufgetreten ist, könnte man den Ort auch als Sinnbild dafür sehen, dass Fans im Dialog mit Vereinsverantwortlichen durchaus etwas erreichen können.

Faszination Fankurve: Welche anderen Fanorganisationen sind in die Planungen mit eingebunden?
ProFans: Das Organisationsteam besteht erneut aus Vertreter_innen von Unsere Kurve und ProFans.

Faszination Fankurve: Wo können sich interessierte Fans oder auch Vereinsvertreter melden, die an der Teilnahme am Fankongress in Hannover interessiert sind?
ProFans: Die Vereine wurden im November postalisch und Anfang des Jahres nochmals per Mail eingeladen. Sollten Vereine auf diesem Weg ihr Interesse bekunden, können diese sich unter fankongress@profans.de melden. Aufgrund der geänderten Struktur des Kongresses ist eine offene Anmeldung dieses Jahr nicht möglich, sondern erfolgt repräsentativ aus den Fanszenen. Auch diese wurden per Mail eingeladen und auch hier gilt, dass man sich bei Interesse gerne melden kann.

Faszination Fankurve: Was ändert sich beim Fankongress 2016 im Vergleich zu den beiden letzten Fankongressen in Berlin?
ProFans: Wir haben dieses Jahr die Struktur komplett über den Haufen geworfen. Weg von den großen Runden, hin zu kleinen Tischen. Zudem haben wir diesmal schwerpunktmäßig die Vereine zur Teilnahme aufgerufen und wollen aus dem faninternen Rahmen einen Dialog zwischen Fans und Vereinen auf Augenhöhe und ohne Störgeräusche schaffen.
Die Fankongresse im Kosmos in Berlin sind vielen als gute Erinnerung im Kopf geblieben. Dennoch muss man konstatieren, dass echte Erfolge ausgeblieben sind. Daher sahen wir uns gezwungen den Charakter der Veranstaltung anzupassen und zu ändern.

Faszination Fankurve: Welche Vereins- und Fanvertreter haben ihr Kommen bereits zugesagt?
ProFans: Hier wollen wir nicht zuviel verraten, können aber sagen, dass einige Vereine der ersten Liga, sowie Vereine aus den Ligen Zwei bis Vier ihr Kommen mit repräsentativen Vertreter_innen bereits zugesichert haben. Zugleich appellieren wir aber auch auf diesem Weg an die Vereine, die bisher nicht zugesagt haben, sich noch anzumelden.
Die Einladung an die Fanszenen erfolgte ja erst vor kurzem, so dass wir da noch keine aussagekräftige Einschätzung geben können.

Faszination Fankurve: Der Dialog mit dem DFB wurde von euch und anderen Fanorganisationen für beendet erklärt. Verfolgt ihr mit der Organisation des Fankongresses das Ziel Dialogstrukturen ohne die Verbände zu etablieren?
ProFans: Beschreiben wir es mal so: Ein Dialog, bei dem die Verbände mit am Tisch sitzen, kann natürlich auch von Vorteil sein. Das macht in unseren Augen aber nur dann Sinn, wenn derartige Gespräche ehrlich und zumindest von allen Seiten annähernd auf Augenhöhe geführt werden können. Ein Dialog ohne konkrete Zielsetzungen, die Fans, Verbände und Vereine gleichermaßen bedienen, ist doch eigentlich auch Zeitverschwendung? Nach all den Jahren, in denen wir mit dem DFB an einem Tisch gesessen haben und dabei so gut wie nichts erreichen konnten, sind wir an einem Punkt angekommen, an dem wir den Dialog auf anderer Ebene versuchen möchten. Mit dem Fankongress in Hannover haben wir eine Chance dies zu erreichen. Wir möchten ernst genommen und nicht nur als Sicherheitsrisiko verstanden werden. Hoffen wir, dass die Ergebnisse des Fankongresses genau diese Signale entsenden können.

Faszination Fankurve: In der DFB-Spitze hat es nach anhaltenden Korruptionsvorwürfen personelle Neuerungen gegeben. Ändert sich dadurch eure Bereitschaft mit dem Verband in den Dialog zu treten?
ProFans: Hier könnte man mit Goethe antworten: „Die Botschaft hör‘ ich wohl, allein mir fehlt der Glaube“. Am Ende ließ man uns von Seiten des DFB keine andere Wahl, so sehr wurde uns gezeigt, wie gering man dort geschätzt wird. Wenn beim DFB ernsthaftes Interesse an einer Wiederaufnahme des Dialogs besteht, kennen die Herren in Frankfurt unsere Bedingungen. Nur scheint man dort im Moment ganz andere Probleme zu haben…

Faszination Fankurve: Stehen die bei ProFans organisierten Ultrà- und Fangruppen nicht ohnehin schon in einem ständigen Dialog mit ihren Vereinen? Warum ist da noch ein Zusammenkommen zahlreicher Fan- und Vereinsvertreter notwendig?
ProFans: Der Fankongress soll keine Konkurrenz für den wichtigen Dialog vor Ort sein. Doch in Hannover bieten sich durch das ligenübergreifende Zusammenkommen von Vereinsvertreter*innen und Fans ganz andere Möglichkeiten des Austausches. Jeder Verein ist individuell und je nach Standort unterscheiden sich Voraussetzungen oder Probleme der Fangruppen. Doch wir sind der Überzeugung, dass es zu bestimmten Themen Schnittmengen gibt und der Blick über den Tellerrand für alle Beteiligten interessant ist, egal ob Ultrà aus Baden oder Verein aus NRW. Diese Schnittmenge gilt es als gemeinsame Position zu finden und festzuhalten und so ein Miteinander zwischen Fans und Vereinen herzustellen.

Faszination Fankurve: Für wie realistisch haltet ihr es, dass die Einführung von Montagsspielen in der 1. Bundesliga noch verhindert werden kann oder ist die Entscheidung in euren Augen längst gefallen?
ProFans: Die Frage symbolisiert im Prinzip eine ganz andere: wie wichtig sind Fans im Kosmos des professionellen Fußball im Jahr 2016? Wie wichtig sind die Anliegen derer, die diesen Sport so abheben von anderen Sportarten? Uns bleibt nur übrig zu appellieren, das Rad nicht zu überdrehen und sich an eben Genanntes zu erinnern. Wir gehen nicht davon aus, dass die Montagsspiele in der ersten Liga noch verhindert werden können. Dies heißt im Umkehrschluss aber nicht, dass wir auch genau dieses Thema im Rahmen des Fankongresses bearbeiten werden. Wir erinnern uns an den großen Aufschrei, als die Montagsspiele in der zweiten Bundesliga eingeführt wurden. Heute gibt es nur noch wenige, die sich für dieses Thema interessieren. Das Thema Spieltagsansetzungen sollte einfach nicht in den Hintergrund geraten, und auch wenn der Kampf extrem schwer werden sollte, werden wir nicht aufhören, für jeden einzelnen Punkt, den wir als wichtig betrachten, zu kämpfen.

Faszination Fankurve: Nach dem Fankongress in Leipzig im Jahr 2007 wurde die Maximaldauer von Stadionverboten seitens des DFB reduziert. Dieser Erfolg der Fanorganisationen wurde Jahre später wieder zunichte gemacht und die Maximaldauer deutlich erhöht. Konnten die deutschen Fanorganisationen seit 2007 überhaupt einen Erfolg vermelden?
ProFans: Man muss sich wahrscheinlich eingestehen, dass der Großteil aus Abwehrkämpfen bestand und besteht. Unsere Erfolge zeigen sich eher darin, was es (noch) nicht gibt, als dass man konkrete Erfolge nennen könnte. Dies ist etwas, was einem einerseits bewusst sein muss, andererseits aber im Moment schlicht und ergreifend die Realität darstellt. Wir können versuchen den Status Quo aufrechtzuerhalten und punktuelle Verbesserungen zu erreichen, für mehr, so scheint es nach Ereignissen wie dem Scheitern der AG Fanbelange, reicht es im Moment nicht. So düster es klingt, im Vergleich zu anderen Profiligen ist allein dies ein Erfolg.

Faszination Fankurve: Nun zum Thema Verbandsstrafen: Das DFB-Sportgericht scheint direkte Sanktionen gegen Fangruppen teilweise nicht mehr in die Urteile zu schreiben. Vielmehr sind es die Vereine, die Sanktionen bereits vor Urteilsverkündung des DFB aussprechen (zum Beispiel Blocksperren in Münster und Rostock) oder Choreografieverbote festsetzen (Beispiel Nürnberg). Ein Thema, das ihr mit den Vereinen besprechen wollt?
ProFans: Die Wahl der Themen machen wir von Vorschlägen der Fans und Vereine abhängig. In der Einladung an die Vereine haben wir auch darum gebeten uns Themen zu nennen. Aber natürlich werden wir von uns aus Themen einbringen und mit den Fanszenen abstimmen. Dabei ist es wahrscheinlich und leider nötig, dass ein derartiges Thema auch auf die Agenda kommt.

Faszination Fankurve: Welche Reformen der DFB-Sportgerichtsbarkeit würdet ihr empfehlen?
ProFans: Wir sind der Ansicht, dass sich das Sportgericht des DFB um den Sport und nicht um die Fans kümmern sollte. Es kann und darf nicht sein, dass Vereine für das vom DFB definierte Fehlverhalten der eigenen Fans bestraft werden. Ein gesondertes Strafrecht für Fußballfans wird von uns kategorisch abgelehnt!

Faszination Fankurve: Das Thema Reduzierung von Gästekontingenten geht alle Fußballfans an, die zu Auswärtsspielen fahren. Wie kann die von einigen Politikern immer wieder geforderte Reduzierung von Gästekarten bei brisanten Duellen noch verhindert werden?
ProFans: Diese Aufgabe wird sicher immer schwieriger in einer Zeit, in der Wahlkampf auch mit Polizeieinsätzen und Medienhetze, auch außerhalb des Fußballs, betrieben wird und damit in der Öffentlichkeit ein gar nicht vorhandenes Bedrohungsszenario erst konstruiert wird.
Wir appellieren daran, sich der Bedeutung von Gästefans für die besondere Stimmung eines Derbys bewusst zu werden. Diese Stimmung ist etwas, was die Bundesliga anderen Ligen wie der Premier League voraus hat. Dies ist eine Ressource, die die Liga zu etwas Besonderem machen, abseits von wahnsinnigen Transfersummen. Statt in einen finanziellen Wettstreit zu treten, den man rational nur verlieren kann, sollte man sich lieber der eigenen Stärken bewusst werden. (Faszination Fankurve, 08.03.2016)