Interview mit Frank Rost im kicker vom 15.08.06

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Zunächst mal eine Diskussionsrunde mit zwei Fanvertretern, dem Chef der ZIS und DFL-Vertretern, die THomas Schneider (ehemals KOS) jetzt zum Fanbeauftragtern der Liga gemacht haben. Ganz nett zu lesen, irgendwie scheint sich doch was zu tun, aber nicht so, wie man sich das wünschen mag. Dazu ein wirklich gutes Interview mit Frank Rost. Respekt dafür nach Gelsenkirchen, dass ihr einen Spieler soweit aufklären konntet.

kicker: Herr Rost, was wäre für Sie der Fußball ohne Fans?
Frank Rost (33): Das ist undenkbar. Solange es Fußball gibt, wird und muss es auch Fans geben. Gerade die Ultras investieren viel Zeit und viel Geld für Choreographien, weil es ihr Antrieb ist, weil sie es wollen. Nicht weil es ihnen diktiert wird. Diese Kultur darf nicht sterben. Ich finde es bedenklich, wenn von außen versucht wird, in jede Art Fan-Kultur einzugreifen.

kicker: Sie bilden da eher eine Ausnahme oder können Vereinsoffizielle und Funktionäre diese Kultur überhaupt nachvollziehen?
Rost: Schon. Nur ist die Gefahr im Profifußball groß, dass man sich immer mehr von der Basis entfernt, weil man selbst im Goldenen Käfig sitzt. Ich will das nicht.

kicker: So mancher Spieler küsst in seiner ersten Partie gleich das Wappen des neuen Vereines. Ihr Empfinden dabei?
Rost: Naja, so etwas käme für mich nicht in Frage. Da gehören schließlich Gemeinsamkeiten dazu, eine emotionale Bindung. So etwas braucht Zeit und muss behutsam aufgebaut werden. Alles andere wäre wenig authentisch.

kicker: Tragen Sie bei Spielen noch das T-Shirt der "Ultras
Gelsenkirchen" unter ihrem Trikot?
Rost: Ab und an, ich bin ja auch Mitglied. Aus Überzeugung, nicht aus Image-Pflege. Diese Jungs geben soviel Herzblut für ihren Verein, da soll diese Geste ein klitzekleines Dankeschön sein.

kicker: Warum haben die Ultras, die im Stadion für Stimmung sorgen, einen solch schlechten Ruf?
Rost: Diese Fans sind kommerziell nicht nutzbar. Bei denen geht es um Leidenschaft, die wollen sich nicht verkaufen, nicht vermarkten lassen. In der Bundesliga kommen immer mehr Event-Besucher, um sich berieseln zu lassen. Dieser Bogen darf nicht überspannt werden. Das hat nicht mehr viel mit Fußball zu tun. Die echten Fans jeder Couleur werden durch Verbote vergrault: Irgendwann kommt die Frage auf, wo die Stimmung geblieben ist...

kicker: Warum gibt es für Belange und Sorgen der Fans keine Lobby? Rost: Alles muss kontrolliert ablaufen, planbar sein. Aber Emotionen können nicht einfach verordnet werden. Im übertriebenen Sicherheitswahn und dem Schielen auf Profit verlieren viele die Wurzeln des Fußballsports aus den Augen.

kicker: Warum setzen sich auch Funktionäre und Medien mit dieser Thematik so selten und so undifferenziert auseinander?
Rost: Es gibt eben Druck von oben. Viel zu wenige wollen sich deshalb konstruktiv damit auseinandersetzen -- Sponsoren sind meist wichtiger als Fans. Geht es so weiter wie zuletzt, kommt hierfür irgendwann die Quittung: Wenn keine echten Fans mehr da sind, lohnt sich das Ganze doch nicht mehr.

kicker: Ihnen liegen auch die Sicherheitsvorkehrungen am Herzen, mit denen viele Fans bei Fußballspielen konfrontiert werden.
Rost: Was da teilweise abgeht, ist für mich nicht mehr nachvollziehbar. Ich habe selbst einige Male miterlebt, wie Fans von Ordnern und Polizisten regelrecht provoziert werden. Und das alles nur, weil vielleicht ein paar Chaoten darunter sind. Diese Störenfriede sollen dingfest gemacht werden, keine Frage. Es gibt aber andere Methoden als diesen Sicherheitswahn, mit dem die Fans zu kämpfen haben. Nicht alle dürfen über einen Kamm geschert werden. Die Freiheit des einzelnen wird immer mehr beschnitten, sogar in der Freizeit, beim Fußball. Das sind die Zeichen der Zeit, aber der völlig falsche Ansatz.

kicker: Wie würde sich der Stadiongänger Frank Rost heutzutage bei einem Spiel seiner Lieblingsmannschaft verhalten?
Rost: Wenn man mich, gerade bei Auswärtsspielen, so behandeln würde, wie es momentan fast an der Tagesordnung ist -- ich wüsste nicht, ob ich noch weiter zum Fußball gehen würde. Da bezahlen Leute Geld und bekommen den Spaß genommen. Ich wünsche mir, dass da ein Kompromiss gefunden wird und die Belange der Fans ernster genommen werden.