Zunächst mal eine Diskussionsrunde mit zwei Fanvertretern, dem Chef der
ZIS und DFL-Vertretern, die THomas Schneider (ehemals KOS) jetzt zum
Fanbeauftragtern der Liga gemacht haben. Ganz nett zu lesen, irgendwie
scheint sich doch was zu tun, aber nicht so, wie man sich das wünschen mag.
Dazu ein wirklich gutes Interview mit Frank Rost. Respekt dafür nach
Gelsenkirchen, dass ihr einen Spieler soweit aufklären konntet.
kicker: Herr Rost, was wäre für Sie der Fußball ohne Fans?
Frank Rost (33): Das ist undenkbar. Solange es Fußball gibt, wird und
muss es auch Fans geben. Gerade die Ultras investieren viel Zeit und
viel Geld für Choreographien, weil es ihr Antrieb ist, weil sie es
wollen. Nicht weil es ihnen diktiert wird. Diese Kultur darf nicht
sterben. Ich finde es bedenklich, wenn von außen versucht wird, in jede
Art Fan-Kultur einzugreifen.
kicker: Sie bilden da eher eine Ausnahme oder können Vereinsoffizielle
und Funktionäre diese Kultur überhaupt nachvollziehen?
Rost: Schon. Nur ist die Gefahr im Profifußball groß, dass man sich
immer mehr von der Basis entfernt, weil man selbst im Goldenen Käfig
sitzt. Ich will das nicht.
kicker: So mancher Spieler küsst in seiner ersten Partie gleich das
Wappen des neuen Vereines. Ihr Empfinden dabei?
Rost: Naja, so etwas käme für mich nicht in Frage. Da gehören
schließlich Gemeinsamkeiten dazu, eine emotionale Bindung. So etwas
braucht Zeit und muss behutsam aufgebaut werden. Alles andere wäre wenig
authentisch.
kicker: Tragen Sie bei Spielen noch das T-Shirt der "Ultras
Gelsenkirchen" unter ihrem Trikot?
Rost: Ab und an, ich bin ja auch Mitglied. Aus Überzeugung, nicht aus
Image-Pflege. Diese Jungs geben soviel Herzblut für ihren Verein, da
soll diese Geste ein klitzekleines Dankeschön sein.
kicker: Warum haben die Ultras, die im Stadion für Stimmung sorgen,
einen solch schlechten Ruf?
Rost: Diese Fans sind kommerziell nicht nutzbar. Bei denen geht es um
Leidenschaft, die wollen sich nicht verkaufen, nicht vermarkten lassen.
In der Bundesliga kommen immer mehr Event-Besucher, um sich berieseln zu
lassen. Dieser Bogen darf nicht überspannt werden. Das hat nicht mehr
viel mit Fußball zu tun. Die echten Fans jeder Couleur werden durch
Verbote vergrault: Irgendwann kommt die Frage auf, wo die Stimmung
geblieben ist...
kicker: Warum gibt es für Belange und Sorgen der Fans keine Lobby?
Rost: Alles muss kontrolliert ablaufen, planbar sein. Aber Emotionen
können nicht einfach verordnet werden. Im übertriebenen Sicherheitswahn
und dem Schielen auf Profit verlieren viele die Wurzeln des
Fußballsports aus den Augen.
kicker: Warum setzen sich auch Funktionäre und Medien mit dieser
Thematik so selten und so undifferenziert auseinander?
Rost: Es gibt eben Druck von oben. Viel zu wenige wollen sich deshalb
konstruktiv damit auseinandersetzen -- Sponsoren sind meist wichtiger
als Fans. Geht es so weiter wie zuletzt, kommt hierfür irgendwann die
Quittung: Wenn keine echten Fans mehr da sind, lohnt sich das Ganze doch
nicht mehr.
kicker: Ihnen liegen auch die Sicherheitsvorkehrungen am Herzen, mit
denen viele Fans bei Fußballspielen konfrontiert werden.
Rost: Was da teilweise abgeht, ist für mich nicht mehr nachvollziehbar.
Ich habe selbst einige Male miterlebt, wie Fans von Ordnern und
Polizisten regelrecht provoziert werden. Und das alles nur, weil
vielleicht ein paar Chaoten darunter sind. Diese Störenfriede sollen
dingfest gemacht werden, keine Frage. Es gibt aber andere Methoden als
diesen Sicherheitswahn, mit dem die Fans zu kämpfen haben. Nicht alle
dürfen über einen Kamm geschert werden. Die Freiheit des einzelnen wird
immer mehr beschnitten, sogar in der Freizeit, beim Fußball. Das sind
die Zeichen der Zeit, aber der völlig falsche Ansatz.
kicker: Wie würde sich der Stadiongänger Frank Rost heutzutage bei einem
Spiel seiner Lieblingsmannschaft verhalten?
Rost: Wenn man mich, gerade bei Auswärtsspielen, so behandeln würde, wie
es momentan fast an der Tagesordnung ist -- ich wüsste nicht, ob ich
noch weiter zum Fußball gehen würde. Da bezahlen Leute Geld und bekommen
den Spaß genommen. Ich wünsche mir, dass da ein Kompromiss gefunden wird
und die Belange der Fans ernster genommen werden.
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