Zwei Fußballfans hatten im Jahr 2007 nach einem Einsatz der Münchner
Polizei Anzeige gegen unbekannte Einsatzkräfte erstattet, die sie mit
Schlagstöcken und Pfefferspray angegriffen hatten. Obwohl festgestellt
wurde, dass die Vorwürfe zutrafen, wurde das Ermittlungsverfahren
schließlich eingestellt, weil die betreffenden Personen nicht identifiziert
werden konnten. Die beiden Fußballfans wandten sich daraufhin an den EGMR,
weil die Münchner Polizei nur unzureichend gegen ihre eigenen Kolleginnen
und Kollegen ermittelt hatte. Das Verfahren wurde unter anderem vom
Fanrechtefonds finanziell unterstützt.

Nunmehr stellte der Gerichtshof fest, dass die Rechte der Klagenden
verletzt wurden. Die Gründe gehen jedoch weit über den Einzelfall hinaus.
Konkret bemängelt die Jury, dass die maskierten Täterinnen oder Täter unter
den Polizeieinsatzkräften nicht identifizierbar waren, weil eine
individuelle Kennzeichnung fehlte. Dies führe faktisch zu einer
Straflosigkeit bei Rechtsverletzungen durch die Polizei. Bei den
Ermittlungen war versäumt worden, die eingesetzten Kräfte zu vernehmen;
Videomaterial war abhanden gekommen – für den Gerichtshof Beleg für die
fehlende Unabhängigkeit der Ermittlungen, denn für das Material war
diejenige Einheit verantwortlich, gegen die sich die Vorwürfe richteten.

„Auch heute, zehn Jahre nach jenem Einsatz, bestehen genau diese Mängel
bei der deutschen Polizei weitgehend weiter“, kritisiert ProFans-Sprecherin
Gloria Holborn und schlussfolgert: „Der Staat ist nun gefordert, die
Unabhängigkeit und Effizienz bei Ermittlungen gegen Polizeibedienstete
sicherzustellen sowie die Identifizierbarkeit zu gewährleisten.“
Pressesprecher Sig Zelt ergänzt: „Bürgerrechts- wie auch Fanorganisationen
fordern dies schon seit Langem. Es ist zu hoffen, dass die Bundesrepublik
Deutschland und die Länder nun endlich die überfälligen Konsequenzen
ziehen, um die Menschenrechte hierzulande zu wahren. Polizeieinsätze dürfen
keine rechtsfreien Räume sein!“

Den beiden betroffenen Fans wurde neben der Erstattung ihrer Auslagen ein
Schmerzensgeld zugesprochen.

ProFans, im November 2017

Einige Dutzend deutscher Zuschauer haben vor einer Woche während des Spiels der Fußball-Nationalmannschaft in Prag für einen Eklat gesorgt. Wie berichtet wurde, waren nazistische und rassistische Parolen zu hören, die Nationalhymnen und eine Schweigeminute wurden gestört.

Das hat nicht das Mindeste mit der Fankultur gemein, die wir und ProFans vertreten. Wir distanzieren uns nachdrücklich von den Unflätigkeiten und allen menschenverachtenden Äußerungen. Sport ist ein Medium, das alle Menschen verbindet. Lebensfreude und Integration sind Leitmotive des Sports, nicht rassistischer Hass.

Gut, dass sich Woche für Woche ein anderes Bild in den deutschen Fußballstadien zeigt. Gewachsene Fankulturen haben dafür gesorgt, dass die vor Jahren noch alltägliche Diskriminierung beim Fußball deutlich geschwunden ist. Gerade auch die Ultrà-Gruppen haben daran ihren Anteil.

Für die Nationalmannschaft hingegen glaubt der DFB die Fankultur per Administration von oben bestimmen zu können. Wo in den Fanszenen der Vereine glühende Fußballanhängerinnen und -anhänger Verantwortung und Engagement zeigen, schreibt man sich für die Nationalmannschaft gezwungenermaßen, um Eintrifttskarten zu bekommen, in ein gemeinsam mit einem Getränkekonzern geschaffenes Programm des Verbandes ein, genannt: “Fan Club Nationalmannschaft powered by Coca-Cola”. Die Degradierung zum Kunden erstickt jedes Verantwortungsgefühl. Der eigene Beitrag besteht nurmehr in der Geldzahlung, nicht etwa in aktiver Mitwirkung. So muss man auch sehen, dass das überdimensionale Transparent am Montag im Stuttgarter Neckarstadion, wenngleich es die Intention von Zuschauern getroffen haben mag, keineswegs eine Äußerung von Fans war, sondern vielmehr ein Statement des DFB.

Umso verstörender wirken die Äußerungen einiger Verbandsfunktionäre. Reinhard Grindel versteigt sich darein, den tschechischen Gastgebern eine Teilschuld zu geben, weil sie Karten frei verkauft haben. Die Ursache rechtsradikaler Ausfälle im freien Kartenverkauf zu suchen, ist eine geradezu absurde Ablenkung von der eigenen Verantwortung. Der DFB täte besser daran, eine lebendige Fankultur zu fördern. Dann würden sich wohl auch im Umkreis der Nationalelf genügend Fans gegen derartige
Tendenzen engagieren, so dass solche Vorkommnisse schließlich nicht mehr geschehen.

Dr. Rainer Koch ist sich nicht zu schade, Ultras mit bengalischen Lichtern in geistige Nähe nazistischer Grölereien zu setzen. Das in einen Topf zu werfen, ist entweder demagogisch, oder Herr Dr. Koch hat von den Verhältnissen in den Fanszenen schlichtweg keine Ahnung. Man muss sich dabei fragen, wie weit es wirklich mit dem von Herrn Grindel reklamierten Umdenken ist, wenn doch gleich wieder nach Instrumenten der Kontrolle und Repression gerufen wird, anstatt sich darüber Gedanken zu machen, wie man die Köpfe erreicht.

Schon im Vorfeld hatte Oliver Bierhoff verbandskritische Fans wie auch kritische Medien und ebenso staatliche Organe wie etwa die Hessische Staatsanwaltschaft oder Finanzbehörden zu Angreifern auf die deutsche Nationalmannschaft erklärt. “Im Grunde genommen basteln sie sich in der Otto-Fleck-Schneise nach wie vor ihre eigene Welt zurecht, aus der sie alles aussperren wollen, was da nicht hinein passt”, ist der Tenor unter den Union-Fans, die sich bei ProFans engagieren. Weiter hört man dort die Meinung: “Es wird dringend Zeit, dass die Herren zurückfinden in die Realität der Gesellschaft, sonst wird diese komplett an ihnen vorbeilaufen.”

ProFans Union Berlin, im September 2017

Auf den ersten Blick mögen das Pressezentrum des G20 Gipfels in Hamburg und die „Hänsch-Arena“ in Meppen nicht allzu viel miteinander zu tun haben. Es lohnt sich aber ein zweiter, genauerer Blick:

Der Entzug der Akkreditierung für Journalisten im Rahmen des G20 Gipfels in Hamburg war – Stand jetzt – in 4 Fällen rechtswidrig. Das musste das Bundesinnenministerium nun einräumen. In den Medien kann man nun die ohne Frage skurrilen Einträge, die den betroffenen Journalisten in verschiedenen Datenbanken zugeschrieben werden, nachlesen. Es steht außer Frage, dass die Speicherung und die daraus folgenden Konsequenzen Unrecht sind – die große Frage, die sich uns stellt, ist vielmehr: warum fällt das erst jetzt auf?

Fussballfans warnen seit knapp zwei Jahrzehnten vor den immer weiterführenden Maßnahmen der Ermittlungsbehörden und ihrer Datensammelwut. In den vergangenen Jahren flogen zuhauf nachweislich illegale Datenbanken der Behörden auf. Immer neue Datenbanken werden angekündigt. Nebenbei werden die alten Sammlungen gut gefüllt. Wer als Fussballfan – und dazu raten wir jedem! – ein Auskunftsersuchen über die Speicherung von Daten zu seiner Person bei den Behörden stellt, erfährt so manche skurrile bis absurde Überraschung. Natürlich werden hier längst eingestellte Verfahren erfasst. Selbstverständlich wird hier jede Personalienfeststellung, oder auch nur Beobachtung von sogenannten Szenekundigen Beamten (SKB) bis zum Sankt- Nimmerleins-Tag gespeichert.

Und wenn mal wieder ein Hochsicherheitsspiel ansteht, was nach Einschätzung der Behörden quasi jedes zweite Wochenende der Fall ist, dann schlägt die große Stunde der Schreibtischtäter: „Betretungsverbot“ heißt derzeit das Mittel der Wahl – quasi der Entzug der Akkreditierung als Fussballfan. Ein Stadionverbot ist dafür nicht notwendig, die sonstigen Einträge aus den Datenbanken der „Ermittler“ genügen völlig. Und weil es selbstverständlich nicht reicht „nur“ den Ort des Geschehens während des Zeitraums des Geschehens nicht betreten zu dürfen, wird der Geltungsbereich gleich über die halbe Stadt und über den Zeitraum von einer Woche ausgedehnt. So geschehen für das Spiel unseres VfL Osnabrück in Meppen.

Wenn Justizminister Heiko Maas im Zusammenhang mit den polizeilichen Eintragungen der G20 Journalisten sagt „Unnötig gespeicherte Daten schaffen nicht mehr, sondern weniger Sicherheit. Sie erschweren die Suche nach den wirklich relevanten Informationen.“ Dann fragen wir uns, ganz ehrlich, was soll man zu derartigen Eintragungen sagen?

„Unbekannte Täter haben vor einem Vorbereitungsspiel des SV Meppen in Schwagstorf massive Schmierereien an dem dortigen Vereinsheim, Banden und Verkehrszeichen inhaltlich gegen den SV Meppen und pro VfL Osnabrück angebracht. Die Ermittlungen zu diesen Sachbeschädigungen sind noch nicht abgeschlossen; Ihre Tatbeteiligung bisher nicht auszuschließen.“

(entnommen aus diversen Anhörungsschreiben im Vorfeld des Spiels gegen den SV Meppen gem § 28 VwVfG im Vorfeld der Anordnung eines Aufenthalts- und Betretungsverbotes nach § 17 Abs. 4 Nds.SOG, der Anordnung des sofortigen Vollzuges und der Androhung von Zwangsmitteln)

Hier werden offensichtlich Daten nach dem „Frank-Buschmann-Prinzip“ („Wo warst du, als dieses oder jenes passierte?!“) gesammelt und eben auch verwendet um weit in die Persönlichkeitsrechte hineinreichende Maßnahmen zu veranlassen. Der Zweifel wird hier zur Rechtfertigung polizeilicher Maßnahmen verklärt. Die Gewissheit, dass die Sammlung und Speicherung der Daten in dieser Form rechtswidrig ist, wird ignoriert und die Einsicht, dass mehr Daten nicht mehr Erkenntnis bedeuten, bleibt aus. Auch wenn für eine sogenannte präventiv-polizeiliche Gefahrenprognose o.g. Beobachtungen von SKB oder nicht nachgewiesene Taten herangezogen werden dürfen, derartige Quatscheinträge sollten nicht zu den „wirklich relevanten Informationen“ gehören, die Minister Maas anspricht.

Ebenso absurd wie die Begründung erscheint im übrigen der Zeitraum der geplanten Maßnahme: eine Woche lang dürfen die Betroffenen große Teile der Stadt Meppen nicht betreten.

„Freitag, 15.09.2017 ab 00:00 Uhr bis Donnerstag, den 21.09.17 24:00 Uhr.“ Das Spiel findet am 20.09.17 um 18:30 Uhr statt. Wenn jetzt noch der SV Meppen um eine frühzeitige Anreise bittet, ist der Witz perfekt. Auch mit sehr viel Phantasie ist nur schwer auszudenken, welche Bedrohungslage der Polizeiinspektion Emsland/Grafschaft Bentheim hier vorschwebt.

Natürlich kann und sollte man derartige Maßnahmen der Behörden rechtlich prüfen lassen. Im Gegensatz zu den Behörden, denen kein Mittel und Aufwand zu abwegig erscheinen, sind unsere Ressourcen allerdings begrenzt. Deswegen ist die gesellschaftliche Diskussion, wie sie nun gerade in Gang gekommen zu sein scheint, mehr als überfällig.

1984 is now!

ProFans Osnabrück, im August 2017

Erstaunt haben die ProFans angeschlossen Gruppen die heute vom DFB veröffentlichte Erklärung seines Präsidenten Herrn Grindel zur Kenntnis genommen. ProFans stimmt der Aussage zu, wie wichtig die Fankultur mit all ihren sozialen Werten für den Fußball ist, und dass diese Erkenntnis einen Grund zum Umdenken gibt.

Die Abkehr von Kollektivstrafen sowie von Bestrafungen auf Grundlage von Vermutungen ist längst überfällig. Auch die Wahrnehmung demokratischer Rechte in den Vereinen durch die Fanbasis zählt zur Kultur des Umgangs und zu den sozialen Werten des Fußballs. Wir haben noch nie verstanden, warum die Vorstellungen von einem emotionalen und sicheren Stadionerlebnis weit auseinanderliegen sollten. Nun endlich scheint die DFB-Spitze zu erkennen, dass der von ProFans Anfang 2016 auf den Tisch gelegte Vorschlag für einen Neuanfang eines Dialogs, der von Augenhöhe, Ernsthaftigkeit und Konstruktivität geprägt ist, dringend aufgegriffen gehört.

Der Einladung zur Arbeitsgruppe Fankulturen ist ProFans seither bekanntlich aus guten Gründen nicht gefolgt:

– In zehn Jahren des Fandialogs seit 2007 wurden nahezu keine Fortschritte im Sinne der Fankultur erreicht. Hinweise von ProFans-Vertretern über wachsende Unzufriedenheit und Zuspitzungen der Lage wurden nicht gehört.

– Hingegen haben die Verbände die Aushöhlung der 50+1-Regel hofiert, das Dikat des Kommerzes vorangetrieben und die Freiräume für Fans immer weiter beschränkt. Wichtige Entscheidungen wie die über die Einstellung der Gespräche zum sicheren Pyrotechnik-Einsatz, das Sicherheitspapier 2012 oder mehrere Verschärfungen der Stadionverbotsrichtlinie wurden vom DFB ohne Beteiligung des Fandialogs getroffen.

– Die in all den Jahren einzige konstruktive Einigung, nämlich über die Freigabe von Fanuntensilien, hatte der Vorsitzende der zuständigen DFB-Kommission, Große Lefert durch eine öffentliche Erklärung entwertet; danach wurde diese Initiative bis heute praktisch nicht umgesetzt.

– Die angebliche Wertschätzung aktiver Fans und Ultras wurde allzu oft durch gegenteilige Aussagen wie “Totengräber des Fußballs” ad absurdum geführt.

– Auch die 2016 installierte Arbeitsgruppe Fankulturen hat bis heute lediglich freundliche Fotos und unverbindliche Erklärungen produziert.

All das hat gezeigt, dass der DFB strukturell zu einem verlässlichen Dialog bislang nicht in der Lage war; auch nicht nach Übernahme der Federführung der DFL für die Arbeitsgruppe Fankulturen. Das Bündnis Aktiver Fußballfans hatte sich übrigens schon weit eher als ProFans von den ergebnislosen Gesprächsrunden verabschiedet.

Wenn jetzt ein Umdenken eingesetzt hat, begrüßt ProFans ausdrücklich einen Neuanfang eines Fandialogs, dessen Konstruktivität sich auch in dessen Struktur zeigt. Dazu gehören für uns die direkte Beteiligung kompetenter Entscheidungsträger, eine Einbeziehung der Vereine und größtmögliche Rücksichtnahme auf die ehrenamtlichen Fanvertreter, die ihre ohnehin durch Wochentagsspiele dezimierten Urlaubstage daransetzen.

Es bedarf dazu einer neuen, höherrangig angebundenen Dialogstruktur, die die Vereine direkt mit einbezieht. Diese sollte jetzt unverzüglich gemeinsam entwickelt werden. ProFans bietet dafür die Mitarbeit an.

ProFans im August 2017

ProFans nimmt die Einsicht des niedersächsischen Innenministers über den mangelnden Erfolg eines medienwirksam von ihm inszenierten Fangipfels zur Kenntnis. Da auch bei einem zukünftigen Treffen aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre keine lösungsorientierten Ergebnisse zu erwarten sind, steht ProFans einem späteren Termin im November ebenfalls ablehnend gegenüber.

Die bei ProFans organisierten Fankurven machen kein Geheimnis daraus, dass für sie eine „rote Linie“ bereits vor Jahren überschritten worden ist. Dass seitens der Politik immer noch das Wort Dialog in diesem Zusammenhang verwendet wird, bestätigt vielmehr nur die Auffassung, dass der niedersächsische Innenminister sich immer noch nicht, ebenso wie sein Vorgänger und seine Kollegen der anderen Bundesländer, auch nur annähernd mit der Materie Fankultur befasst hat. Dieses belegt u.a. sehr eindrucksvoll die Beantwortung der kleinen Anfrage im niedersächsischen Landtag zum Thema „Fandialog der Landesregierung“ (http://www.landtag-niedersachsen.de/dru … 7-8322.pdf).

Stattdessen drangsaliert und gängelt die Innenpolitik seit Jahrzehnten die Fankurven mit immer weiteren unverhältnismäßigen Maßnahmen, ohne auch nur einen Gedanken daran zu verschwenden, wie diese Maßnahmen in der Praxis bei der Basis, nämlich den vielen tausenden Fans, ob nun organisiert oder auch nicht, wahrgenommen werden. Aus diesem Grund sind nachfolgend genannte Punkte für uns Ausschlusskriterien, ohne deren Berücksichtigung und Umsetzung wir keine Basis für etwaige zukünftige Gespräche sehen:

Stärkung der Fanprojekte und deren Stellenwerte
Die Bundesländer verfügen über eine Vielzahl von sehr guten Spezialisten innerhalb der Fanprojekte und der sozialpädagogischen Dienste, die ihnen durchaus in den vergangenen Jahren bei einer Vielzahl von Maßnahmen hätten eine Expertise zur Verfügung stellen können. Leichtfertig werden hier Kapazitäten von den Innenministerien nicht genutzt, während man sich im Nachgang über vollkommen schlüssige Reaktionen aus den Fanszenen wundert. An zahlreichen Standorten ist der Fanszene dieses Gebaren nicht verborgen geblieben, so dass sich vielerorts die Fans selbstständig organisiert haben, was eine Einflussnahme der Fanprojekte immer weiter einschränkt.

Erhalt & Förderung der Stehplätze
Stehplätze sind nicht nur wesentlicher Bestandteil der Fankultur und der Fankurven, sondern vielmehr einer der Eckpfeiler der sozialen Verantwortung der Vereine im Volkssport Fußball. Würde sich die Politik ernsthaft mit dieser Thematik befassen, würde sie zu dem Ergebnis kommen, dass die Abschaffung von Stehplätzen weder lösungsorientiert sein dürfte, noch in irgendeiner Form bei den Fanszenen als Druckmittel anwendbar ist. Viel mehr offenbart die Forderung nach der Abschaffung von Stehplätzen die Ohnmacht und mangelnde Sachkenntnis derer, die sie fordern. Beispiele, dass hiermit von innenpolitischer Seite Sitzschalenwürfe (!) unterbunden werden können, gibt es leider mittlerweile ausreichend. Der Erhalt und die Förderung von Stehplätzen ist für uns alternativlos.

Reisefreiheit- und Bewegungsfreiheit für jeden
In den vergangenen Jahren hat insbesondere Boris Pistorius maßgeblich als niedersächsischer Innenminister in die Reise- und Bewegungsfreiheit von Bürgern eingegriffen, indem er Fans eine Anreise zu Fußballspielen kollektiv untersagt oder die verpflichtende Anreise vorgegeben hat. Des Weiteren haben ihm unterstellte Polizeibehörden mehrfach und umfangreich Fans mit mehrmonatigen Bereichsbetretungsverboten präventiv in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Diese Maßnahmen sind für uns weder mit rechtsstaatlichen Grundprinzipien vereinbar, noch tolerierbar. So lange an einer derartigen Praxis festgehalten wird, sehen wir uns nicht in der Lage über etwaige Gespräche nachzudenken. Fußballfans sind keine Bürger zweiter Klasse.

Rückzug populistischer Einflussnahme der Politik auf Verbände und Vereine
An nahezu allen bundesweiten Standorten erhalten wir zur unserer großen Verwunderung die Rückmeldung, dass die Innenbehörden massiven Druck auf die einzelnen Vereine, sowie die DFL und den DFB ausüben. Wie zielführend diese Einflussnahme in undurchdachten Schnellschüssen wie dem Sicherheitspapier 12:12 inklusive des 9-Punkte-Plans ist, ist mittlerweile offensichtlich. Die Spannungsfelder bestehen unverändert weiter. Auch auf diesen Ebenen ist an der Mehrzahl der Standorte keine Kommunikation zwischen Verein und Fankurve oder Fanvertretern und Verbänden existent. Eine langfristige Rücknahme dieses Plans halten wir für unumgänglich, damit überhaupt bundesweit der status quo ante geschaffen werden kann. Die Initiative hierfür wäre im Rahmen der kommenden IMK zu ergreifen. Vielmehr wäre der einzige relevante Schritt der IMK, die Sportsgerichtbarkeit des DFB und der DFL auf die rein sportlichen Aspekte zu beschränken, um als Rechtsstaat keinen noch weiteren Glaubwürdigkeitsverlust zu erlangen.

Auskunftspflicht bei der Eintragung in Datenbanken

Das Land Niedersachsen führt mehrere tausend Fußballfans überwiegend aufgrund von bloßen Personalienfeststellungen in Datenbanken. In mehreren Klageverfahren mussten bereits zahlreiche widerrechtliche Datensätze gelöscht werden. Eine Reform dieser Datenbanken ist für das zweite Halbjahr 2017 geplant. Eine Einrichtung derartiger Datenbanken lehnen wir grundsätzlich ab. Kurzfristig ist eine automatische schriftliche Informationspflicht der Landesbehörden im Zuge der Reform über jeden einzelnen Eintrag an den Betroffenen nach unserer Auffassung zur Wahrung der Rechtmäßigkeit unumgänglich.

Umsetzung Kennzeichnungspflicht

ProFans fordert endlich die konsequente Umsetzung der Kennzeichnungspflicht für Polizistinnen und Polizisten. Immer öfter sehen sich Fußballfans maskierten und unidentifizierbaren Beamten gegenüber, die sich dessen bewusst sind und oftmals auch entsprechende Verhaltensmuster an den Tag legen. So lange der niedersächsische Innenminister sich nicht an diesen wesentlichen Punkt aus seiner eigenen Koalitionserklärung * gebunden fühlt, bleibt er für die aktive Fanszene ein unglaubwürdiger Gesprächspartner. *(https://www.gruene-niedersachsen.de/fil … 18_web.pdf , Seite 17)

Stadionverbote sind in Gänze abzulehnen
Das Strafmonopol liegt beim Staat. Sollten Fans im Falle einer Straftat sanktioniert werden, ist dieses Aufgabe des Rechtsstaates. Bis zu diesem Zeitpunkt sind auch Fußballfans Bürger, für die die Unschuldsvermutung gilt. Stadionverbote und die derzeitige Vergabepraxis in Gänze, unabhängig von ihrer Laufzeit, sind daher vollumfänglich abzulehnen. Stadionverbote stellen nicht nur eine Doppelbestrafung der Täter dar, sie entmündigen auch den Rechtsstaat. Pädagogisch erzielen sie zudem keinen Mehrnutzen. Die generelle Forderung aus Reihen der Innenpolitik offenbart auch hier erneut die mangelnde Sachkenntnis über die Wahrnehmung derartiger Maßnahmen an der Basis.

Verzicht auf Kollektivmaßnahmen

In jüngster Vergangenheit wird vermehrt kollektiv gegen Fans agiert, um damit einzelne Verstöße zu ahnden. Beispiele hierfür sind umfangreiche Personalienfeststellungen oder die Verweigerungen der Weiterreise. Diese Praxis lehnt ProFans mit aller Entschiedenheit ab und sieht eine Abkehr hiervon als zwingend notwendig an.

Wir sehen die Umsetzung der vorgenannten Punkte als letzte Möglichkeit der jetzigen niedersächsischen Landesregierung von ihren bisherigen Lippenbekenntnissen der aktuellen Legislaturperiode abzuweichen und endlich zielstrebig und lösungsorientiert für fußball-interessierte Bürger einzutreten. Bevor erforderliche Mindeststandards nicht umgesetzt werden, sieht ProFans keinerlei Veranlassung auf Gespräche einzugehen.

ProFans Braunschweig
ProFans Hannover
ProFans Osnabrück
ProFans Wolfsburg

im Juli 2017