Einladung zum Expertengespräch an Vertreter von Politik, Verbänden, Vereinen und Medien am 17. Juli 2012 in Berlin

Hamburg, 12. Juli 2012 – Am 17. Juli findet in Berlin der Sicherheitsgipfel des DFB statt, zu dem die Präsidenten der oberen drei Ligen und der Bundesminister des Inneren, Dr. Hans-Peter Friedrich, erwartet werden. Der Titel des Gipfels lautet „Für Fußball – Gegen Gewalt“. In einem nur für wenige Stunden anberaumten Treffen wollen die Vereinsvertreter über Maßnahmen beraten und beschließen, die zur „Befriedung“ der Stadien führen sollen.

Die Fanorganisationen ProFans und die IG Unsere Kurve, die Arbeitsgemeinschaft der Fananwälte und die Bundesarbeitsgemeinschaft der Fanprojekte befürchten, dass dieses Treffen dazu führen könnte, Maßnahmen ins Leben zu rufen, die einerseits eine weitere Distanzierung zwischen den Vereinen und Verbänden auf der einen und den Fans auf der anderen Seite mit sich bringt, andererseits die pauschale Kriminalisierung der Fans und die Verstärkung von Kollektivstrafen fördert. Die Abschaffung von Stehplätzen lehnen die genannten Fanorganisationen geschlossen ab und sehen darin auch kein Mittel zur Verbesserung der angespannten Situation. Gerade in den Medien und der Politik mehrten sich in den vergangenen Wochen und Monaten die Stimmen, die noch drastischere Maßnahmen fordern. Die öffentliche Gleichsetzung von Pyrotechnik und Platzstürmungen mit Gewalttaten setzt den DFB zunehmend unter Druck und Handlungszwang. Zeit und Raum für einen konstruktiven Dialog fehlen dadurch und verhindern eine dringend notwendige Versachlichung der Diskussion. „Bereits im Januar gab es nach dem Fankongress in Berlin die Forderung, endlich dauerhaft auf Augenhöhe miteinander zu sprechen, nicht nur über das Thema Pyrotechnik“, sagt Philipp Markhardt, Sprecher von ProFans. „Doch leider hat sich in diese Richtung nichts bewegt, um die berechtigten Interessen der Fans bei der Suche nach Problemlösungen zu berücksichtigen.“

Deshalb laden die vier genannten Unterzeichner interessierte Vertreter der Politik, der Verbände, der Vereine und der Medien am Dienstag, den 17. Juli 2012, ab 13 Uhr in das Hotel Palace Berlin, Raum Burgund III, Budapester Straße 45 ein. Die Räumlichkeiten befinden sich in unmittelbarer Nähe des Hotels Interkontinental.

„Unsere Türen stehen offen, um mit uns über eigene Ideen und Konzepte zu sprechen“, verspricht Jakob Falk von ProFans. Robert Pohl von der IG Unsere Kurve ergänzt: „Innerhalb der Fanszenen werden die aktuellen Entwicklungen sehr aufgeregt, kontrovers und intensiv diskutiert, weswegen kein Weg daran vorbeigeht, gemeinsame Lösungen zu finden, die von einer breiten Masse auch akzeptiert und getragen werden.“ „Die sozialpädagogischen Fanprojekte begrüßen dieses Gesprächsangebot der Fans außerordentlich. Wir erwarten eine positive Resonanz von politischen Entscheidungsträgern, Medien und insbesondere Vereinen sowie Verbänden“, erläutert Thomas Beckmann, Sprecher der BAG-Fanprojekte die Hintergründe für die BAG-Unterstützung dieser Einladung.

Über einen Prozess der Selbstreflexion haben Fußballfans nun eigene Positionen und Ideen zusammengetragen, über die bisher jedoch offiziell mit Funktionären noch nicht gesprochen werden konnte. Am Rande des Sicherheitsgipfels haben Sie nun die Gelegenheit, sich diese Vorstellungen anzuhören. Wir würden uns über Ihr Interesse und Ihre Anwesenheit sehr freuen. Sprechen Sie uns gern auch im Vorfeld bereits an. Die Kontaktdaten unserer Ansprechpartner finden sie nachfolgend aufgelistet.

Expertengespräch zum Sicherheitsgipfel in Berlin
17. Juli 2012 ab 13 Uhr

Hotel Palace Berlin, Raum Burgund III, Budapester Straße 45

ProFans
Philipp Markhardt (Hamburg)
Telefon 0152 540 288 41
Mail: hamburg1887@hotmail.com

IG Unsere Kurve
Robert Pohl (Dresden)
Telefon 0172 377 48 57
Mail: robertpohl@gmx.de

Arbeitsgemeinschaft Fananwälte
Rene Lau (Berlin)
Telefon 0177 316 71 21
Mail: r.lau@lau-meyer.de

BAG der Fanprojekte
Thomas Beckmann (Mainz)
Telefon 0162 407 04 03
Mail: thomas.beckmann@bag-fanprojekte.de

Berlin, 27. Juni 2012 – Pünktlich zur Planungsphase der neuen Saison fordert ProFans mehr Freiheiten im Umgang mit Fanutensilien. Die bei ProFans organisierten Gruppen verfolgen mit Besorgnis, dass immer mehr Vereine in Deutschland grundlegende Fanutensilien – insbesondere für Gästefans – nur noch gegen die Abgabe von Personalien während des Spiels gestatten. Konkret geht es um Materialien wie Megafone, Trommeln, Schwenk- und Zaunfahnen. Offensichtlich soll mit solchen Maßnahmen ein höherer Grad an Selbstregulierung in den Gästeblöcken erreicht werden.

Das Thema „Fanutensilien“ beschäftigt das Bündnis ProFans seit mehreren Jahren. Die Versuche seitens der Vereine und Verbände auf dem Weg der Beschränkung und Zulassung von Fanmaterialien die Fanszenen gleichsam zwanghaft zu erziehen, wird sehr kritisch betrachtet. „Eine Selbstregulierung, die eigentlich eine aufgezwungene Regulierung von außen ist, funktioniert nicht und wird auch in Zukunft nicht gelingen“ so Jakob Falk von ProFans.

Im Selbstverständnis von ProFans heißt es: „Fankultur braucht Freiheit. Eine bunte, kreative und laute Fankultur, die auch selbstregulierend tätig werden kann, braucht Freiheit.“ Eine solche Freiheit besteht nicht, wenn Fußballfans sogar beim Thema Fanutensilien von vornherein Misstrauen entgegen gebracht wird. Fanmaterialien wie Trommeln und Fahnen sind ein Ausdruck positiver Fankultur. Fahnenmeere und laute Gesänge, die von mitreißenden Trommelrhythmen begleitet werden, erzeugen die Atmosphäre, die den Fußball so anziehend und besonders macht. Diese Utensilien sind die Grundlage für jegliche Kreativität und Euphorie bei der Unterstützung der jeweiligen Mannschaft. Hier ist nicht die Rede von gefährlichen Gegenständen, die als Waffen benutzt werden könnten. Welche Verbrechen sollen mit Fahnen, Trommeln oder einem Megafon verübt werden? Wie viele Straftaten wurden durch solche Utensilien in den letzten Jahren begangen? Denken Sicherheitsbeauftragte und Verantwortliche solcher Modelle, dass jemand seine Trommel Woche für Woche und Jahr für Jahr bei Auswärtsspielen durch das Land schleppt, um sie als Wurfgegenstand in das Fangnetz eines x-beliebigen Gästeblocks zu schleudern? Solche Mutmaßungen sind schlichtweg absurd.

Mit einzelnen Vorkommnissen in der Vergangenheit (etwa Trommelstockwurf in Hamburg 2005) die repressiven Maßnahmen zu begründen ist eine Kriminalisierung und Bestrafung aller Fußballfans für das Vergehen einiger sehr weniger. ProFans macht deutlich, dass es hier nicht um die Deckung von Straftaten geht. Wenn jemand körperliche Gewalt gegenüber anderen Menschen ausübt, ob mit oder ohne Tatgegenstände, darf er sich über folgende Strafen nicht wundern. Es ist indes jedoch mehr als nur schwer vorstellbar, dass unvorhergesehene Situationen, in denen es etwa zu gewalttätigen Auseinandersetzungen kommt, präventiv verhindert werden können, in dem im Vorfeld ein Trommelbesitzer seinen Personalausweis abgegeben hat. Das gilt erst recht für Fans, die es möglicherweise bewusst auf eine Auseinandersetzung anlegen. „Wer auf Krawall gebürstet ist, dem ist es egal, ob eine Schwenkfahne erlaubt oder verboten ist“ erläutert Jakob Falk. Ohne an dieser Stelle auf die Diskussion um Pyrotechnik eingehen zu wollen, hat die jüngste Vergangenheit gezeigt, dass selbst komplette Materialverbote vielerorts die Fanszenen nicht daran gehindert haben Pyrotechnik einzusetzen, sondern sie – ganz im Gegenteil – dazu gebracht haben Pyrotechnik als Ausdruck ihres Protestes „erst recht“ einzusetzen. Von Konflikten wegen des Einschmuggelns von im Vorfeld verbotenen Fanutensilien ganz zu schweigen.

Inwiefern dem Datenschutz mit den angesprochenen Maßnahmen entsprochen wird, ist zudem fraglich. Der betroffenen Person vor Ort ist es nicht möglich nachzuvollziehen, wer ihre Daten zu welchem Zweck zu Gesicht bekommt und was genau mit den Daten geschieht. Es gibt keine Möglichkeit für eine betroffene Person sicherzustellen, dass es keine Datenweitergabe (etwa an die Polizei), keine Datenspeicherung (auch im Falle von keinerlei Vorkommnissen) und keinen Datenmissbrauch gibt. Gesamtgesellschaftlich wird mit dem aktuellen Vorgehen eine weitere kleine Lücke geschlossen, das Bild eines gläsernen Bürgers zu vervollständigen. Mit einer Personalienabgabe verbunden, können theoretisch umfassende Informationen über das Bewegungsmuster einer Person gesammelt werden. Entsprechende Datenschutzkonzepte der Vereine und des DFB/ der DFL, zum Umgang mit Personendaten bei Fanutensilien liegen ProFans nicht vor.

Völlig unklar bleibt derweil, was eigentlich rechtlich passiert, wenn es theoretisch zu Straftaten kommt, obwohl jemand seine Personalien abgeben hat. Muss die Besitzerin einer liebevoll gestalteten Schwenkfahne dafür haften, dass andere in ihrem Rücken Lust darauf hatten Rauchpulver zu zünden? Was passiert, wenn ein Betrunkener dem Trommler den Stock aus der Hand reißt und auf das Spielfeld wirft und möglicher Weise noch einen Ordner trifft? Welche Folgen sind denkbar? Stadionverbot? Eintrag in die Datei Gewalttäter Sport? Verurteilungen zu exorbitanten Geld- oder sogar Freiheitsstrafen? Welche erheblich negativen Folgen ein solches Prozedere auf das finanzielle, soziale und vor allem private Leben der betroffenen Person haben kann, ist hinreichend bekannt. Nach dem Einschüchterungsprinzip setzen hier also die Erpressungsversuche der Verantwortlichen an. Vermutlich wird im Fall des Falles für die Person, die den Personalausweis abgegeben hat, die einzige Chance einer strafrechtlichen Verfolgung zu entgehen sein, dass sie gegen andere Fans aussagt.

Bewusst wird hier auf eine Selektion hingearbeitet. „Vernünftige“ sollen sich gegen „weniger Vernünftige“ aussprechen. Dies sollen sie möglichst nicht erst nach einer möglichen Straftat, sondern bereits im Vorfeld tun. Auf eine subtile Art und Weise wird hier daraufhin gearbeitet den sogenannten „Selbstreinigungsprozess“ in den Fanszenen voranzutreiben. „Wahre Fans“ sollen sich gegen „Falsche Fans“ stellen, „Richtige Fans“ gegen „Sogenannte Fans“, „Gute“ gegen „Böse“, die „Mehrheit“ gegen die „Minderheit“, etc. Abgesehen davon, dass jegliche Dualismen dieser Art völlig unzureichende, vereinfachende externe Beschreibungen von Fans und Fanszenen darstellen, birgt dieses Vorgehen mehr Risiken als Chancen. „Wer im Interesse der Sicherheit sogar Fans eines gemeinsamen Vereins gegeneinander aufbringt, der hat nicht im Ansatz begriffen was Deeskalation im Zusammenhang mit Fußballspielen bedeutet“ erklärt Jakob Falk weiter.

Es muss darüber hinaus davon ausgegangen werden, dass auf diesem Wege insbesondere die Stellung und Einflussnahme von Ultras in den Fanszenen vermindert werden soll. Viele Ultragruppen leben und streben nach dem Ideal der Freiheit und Unabhängigkeit in ihren Kurven. Vielerorts müssen sie bereits Materialeinschränkungen hinnehmen, ihre Choreographien, Spruchbänder und Infoflyer anmelden und prüfen lassen. Sie werden sich nicht noch weiter erpressen lassen. Für sie wird daher eine Personalienabgabe für Fanutensilien schwer vereinbar mit ihren Grundsätzen und Überzeugungen sein. Die Verantwortlichen wissen das. Ohne Megafon, Trommel und Co. wird es allein schon rein akustisch den Ultragruppen erschwert Einfluss zu nehmen, die Unterstützung ihrer Mannschaft im größeren Stil zu koordinieren. Die Möglichkeit der Reaktion darauf ist es entweder, dass es Ultras in Kauf nehmen auf größere Einflussnahme bei der Unterstützung der Mannschaft zu verzichten oder, dass sie entscheidende Kernprinzipien ihrer Ideologie aufgeben. In beiden Fällen würden die Ultras und würde das Ausleben von Fankultur erheblich geschwächt. Es wird deutlich, dass hinter der Abgabe von Personalien für Fanutensilien mehr Kalkül steht, also nur eine höhere Gewährleistung der Sicherheit.

Wir fordern im Sinne unseres Einsatzes „Zum Erhalt der Fankultur“ die Vereine und Verbände eindringlich auf diese Maßnahmen mit sofortiger Wirkung einzustellen. Eine wirkliche Selbstregulierung in den Fanszenen kann nur gelingen, wenn sie aus eigenem Interesse und eigenem Antrieb vollzogen wird. Dazu benötigen die Gruppen und Personen, die Einfluss auf die Fanszenen nehmen können, allerdings überzeugende Argumente. Eine Erpressung von außen ist kein solches, sondern eher ein weiteres Argument für radikale Kräfte in den Fanszenen, sich auf keinerlei Kompromisse einzulassen.

Wir fordern außerdem auch alle Fußballfans auf genau zu überdenken, ob es ihnen wert ist, sich durch eine Abgabe ihrer Personalien für Fanutensilien erpressen, instrumentalisieren und entzweien zu lassen!

ProFans im Juni 2012

ProFans erschrocken über Medienhysterie und populistische Forderungen hinsichtlich des Relegationsspiels Düsseldorf-Hertha BSC

Hamburg, 31. Mai 2012 – Mit Erschrecken haben die in der Fanorganisation ProFans zusammengeschlossenen Gruppen die mediale Diskussion zu den Geschehnissen während des Relegationsspieles zwischen Fortuna Düsseldorf und Hertha BSC zur Kenntnis genommen. Sich in Superlativen ergehend wurde selbst in sonst seriösen Medien beispielsweise von einem „Skandalspiel“ berichtet, von „Chaos“ gar und „Tumulten“.

Fakt ist: Während des Spiels kam es auf beiden Seiten zum Einsatz von Bengalischen Feuern, die leider vom Gästeblock aus auch auf das Spielfeld geworfen wurden. Dies ist zu kritisieren und klar zu verurteilen. Kurz vor Ende des Spiels kam es außerdem zu einem verfrühten Platzsturm durch Düsseldorfer Fans, die allerdings schnell wieder vom Grün verschwunden waren, nachdem sie hier zu aufgefordert und auf ihren Fehler hingewiesen worden waren. Hieraus wurde ein „Skandalspiel“ herbeigeschrieben, von dem wohl jeder, der es nicht selbst gesehen hat, glauben musste, es ginge um Leben und Tod. Ging es ja offenbar auch. Jedenfalls, wenn man Herrn Schickhardt, von Hertha BSC Glauben schenkt, der von „Todesängsten“ seiner Spieler sprach und davon, dass man ein „Blutbad“ verhindert habe, indem man wieder auf den Platz kam.

ProFans ist schockiert, dass nicht einmal ein Jahr nachdem es in Ägypten zu mehr als 70 toten Fans kam, weil unter anderem Sicherheitskräfte in die Menge schossen, derartige Vokabeln im Zusammenhang mit einem Platzsturm verwendet (und von den Medien dankend verbreitet) werden, der nicht etwa aus Aggression, sondern aus Freude über den erneuten Aufstieg in die erste Bundesliga erfolgte, in der Fortuna Düsseldorf geschlagene 15 Jahre vergebens in der Tabelle gesucht wurde.

Unsachlich und übertrieben sind die Forderungen nach härteren Sanktionen aufgrund der „neuen Welle der Gewalt“. Die Polizei Düsseldorf vermeldete in ihrem Spielbericht keinen einzigen Verletzten und keine größeren Vorkommnisse vor, während und nach dem Spiel. Wo ist also die Gewalt, wenn nicht einmal die Ordnungshüter davon zu berichten wissen? Diese sind schließlich einer Verharmlosung von sicherheitsbeeinträchtigenden Vorfällen beim Fußball alles andere als verdächtig.

Es gab in Düsseldorf kein Skandalspiel, sondern ein vom Spielverlauf sehr emotionales, dramatisches Duell um den Aufstieg, das von einem Verein gewonnen wurde, dessen Fans seit 15 Jahren keinen Bundesligafußball gesehen und ihre Rückkehr irrtümlich zu früh gefeiert haben. Mehr nicht.

In den Tagen nach dem Relegationsspiel waren die Vorkommnisse das Thema der Stunde. Das Aufgreifen der Medien ist verständlich, der größte Teil der Umsetzung allerdings scharf zu kritisieren. „Seit dem großen Medienaufschrei Rund um das Pokalsspiel Dortmund-Dresden im Herbst letzten Jahres, hatten wir gehofft mit dem Fankongress in Berlin und den Bemühungen um einen effektiven Dialog auf einem anderen Weg zu sein“ sagt Jakob Falk von ProFans. Doch solche Bemühungen werden torpediert, wenn sich außenstehende Prominente und populistische Scharfmacher in Fernsehshows mit ihren Kommentaren und unsachgemäßen Forderungen in Szene setzen. Abgesehen davon, dass die berichtenden Formate sich leider wenig professionell präsentierten, wurde inhaltlich wieder einmal alles vermischt, was es zu vermischen gibt. Die feiernden Fortunafans mit auf den Platz fliegenden Fackeln, mit dem gewalttätigen Angriff von Anhängern des Oberligisten BFC Dynamo auf Fans aus Kaiserslautern oder gar völlig zusammenhangslosen Bildern polnischer Fußballausschreitungen. Das ist enttäuschend, aber auch nicht wirklich neu. Wirklich schlimm ist es, wenn durch solche Einflussnahme eine eigentlich sachliche Debatte wieder verunsachlicht und zurückgeworfen wird. ProFans hat bewusst an keiner der vergangenen TV- Sendungen und keinem dieser Interviews teilgenommen. Wir fordern die Medien auf, im Sinne aller, die an einer lebendigen, von positiver Energie nur so strotzenden Fankultur interessiert sind, differenziert und weniger druckausübend zu berichten. Wenn es nachhaltige Erfolge geben soll, ist es nötig, dass alle wirklich Beteiligten – die Verbände, Vereine, Fanprojekte und Fans – in Ruhe ihre bereits begonnene Arbeit fortführen können. Der Ruf nach schnellen und harten Sanktionen behindert die bereits stattfindenden Bemühungen und sorgt mit seinem bedrohenden Charakter sogar für mehr Eskalationspotential als für eine von allen Seiten gewünschte Bewegung hin auf eine Lösung der bestehenden Probleme.

Hinsichtlich der utopisch erscheinenden Forderungen nach neuen restriktiven Maßnahmen, die von Nacktscannern, über riesige Blockvorhänge bis hin zu Fußfesseln reichen, mahnt ProFans die Verantwortlichen, endlich nach Alternativen zu diesem System zu suchen. „Das über Jahre immer stärkere Anziehen der Repressionsschraube hat nachweislich nicht zu den erhofften Erfolgen geführt“ so Philipp Markhardt, Pressesprecher von ProFans.

Es ist an der Zeit über Möglichkeiten nachzudenken, wie den Fanszenen mehr Freiraum zum Ausleben ihrer Fankultur geschaffen werden kann. Nur so ist es denkbar, dass Fans mehr dazu bereit sind Verantwortung zu übernehmen. Durch Materialverbote, zahllose repressive Einschränkungen und nun sogar angedachte utopische unmenschliche Maßnahmen wird den Fans immer mehr die Möglichkeit genommen selbst Verantwortung zu übernehmen. Ist es also verwunderlich, dass Fans unter diesen Voraussetzungen teilweise auch immer wieder bewusst unverantwortlich – in den Augen der Verantwortlichen – handeln?

Hamburg, 12.01.2012. Mit großer Verwunderung hat ProFans den Schritt seitens des Deutschen Fußball-Bundes und der Deutschen Fußball Liga zur Kenntnis genommen, wenige Tage vor dem Fankongress in Berlin die Ergebnisse einer durch tns-infratest durchgeführten, repräsentativen Umfrage zum Abbrennen von Pyrotechnik zu veröffentlichen. Mit den gewonnenen Ergebnissen sehen DFB und DFL die vor kurzem eingenommene, ablehnende Position einer Legalisierung von Pyrotechnik untermauert.

Bei Betrachtung der zugrunde liegenden, in unseren Augen suggestiven, Fragestellungen der Studie ist das Ergebnis für die bei ProFans beteiligten Gruppen wenig verwunderlich. Durch Äußerungen wie „Pyrotechnik im Stadion ist gefährlich“ wird für die Befragten bereits in der Fragestellung ein negatives Bild von Pyrotechnik gezeichnet. Ein Hinweis auf die Bestrebungen zur Legalisierung von Pyrotechnik mit ihren Kernaussagen findet hingegen nicht statt. Somit erscheint es ProFans fraglich, ob sich die befragten Personen durch die gewählte Fragestellung eine eigene, differenzierte Meinung zur Thematik bilden konnten, welche durch unvoreingenommene Abwägung des Für und Wider zustande kam. Eine einfache „Ja-Nein“ Antworten-Konstellation spiegelt zudem nicht die Komplexität wider, welche das Thema insgesamt aufweist.

In der Erklärung der DFL zur besagten Umfrage, wird nebulös von einer „repräsentativen Umfrage“ unter Bundesbürgern, dann von „den Fans im Stadion“, von „Fußballinteressierten“ und letztendlich von „DEN Fans“ gesprochen. Offen bleibt dabei, wer mit „den Fans“ gemeint ist, die sich hier mit so deutlichen Mehrheitsverhältnissen „gegen Pyro-Technik“ aussprechen. Das Unternehmen tns-infratest hat die Umfrage laut DFB-Homepage im Auftrag von DFL und DFB unter 2.000 Bundesbürgern durchgeführt. Etwa 960 dieser mit statistischen Methoden ausgewählten Bundesbürger hat die Frage bejaht, „Fußballinteressiert“ zu sein (Was auch immer das bedeutet). Die eigentliche Umfrage mit ihren suggestiven Fragen wurde schließlich nur noch mit diesen etwa 960 Personen durchgeführt. Auf der eigenen Homepage gibt tns-infratest an, dass „eine Stichprobe (…) für manche Studien aus 500 Personen bestehen“ kann, für große Studien aber mehrere 10.000 Befragte umfassen sollte. Dieses Vorgehen wäre angemessen gewesen, wenn es um die Wirksamkeit eines Werbespots für Waschmittel gegangen wäre. Um eine Aussage über die Meinung der Bundesbürger zu einem so komplexen Thema wie „Pyro-Technik“ im Stadion machen zu können, wäre eine weniger suggestive Fragestellung und eine ausgewogene und unvoreingenommene Berichterstattung über die Anliegen der Kampagne angemessen gewesen. Noch dazu, da die absolute Mehrheit der Befragten weder Zugang zu dem noch Anknüpfungspunkt an das Thema hat und höchstens durch entrüstete TV-Kommentaren damit in Berührung kommt. Eine Aussage über die Meinung „der Fans“ dürfte recht schwierig werden, die Meinung der Fans in den Fankurven dürfte hingegen klar sein.

Philipp Markhardt, Pressesprecher von ProFans sagt dazu: „Aufgrund dieser fragwürdigen Herangehensweise leisten die Ergebnisse der Studie aus unserer Sicht in der Gesamtdebatte keinerlei inhaltlich verwertbaren Beitrag. Vielmehr wirft dieses Vorgehen für uns neue Fragen auf.“

Welches Ziel versprechen sich DFB und DFL mit der Veröffentlichung dieser Studie wenige Tage vor dem Fankongress? Welche reelle Aussagekraft der gewonnen Zahlen misst man diesen Umfrageergebnissen bei? Ist es bei genauerer Einordnung der Zahlen überhaupt noch haltbar, von einer aussagekräftigen Studie von Fans über Fankultur zu sprechen? Warum hat man sich für solch suggestive Fragestellungen entschieden und hat der Zeitpunkt der Umfrage, kurz nach der Bekanntgabe des Pokalausschlusses von Dynamo Dresden und der damit einhergehenden medialen Diskussion, nicht zusätzlich zu einer Verzerrung der Ergebnisse geführt? Des Weiteren stellt sich die Frage, wieso der DFB die Gespräche im November für beendet erklärt, einen Monat später aber eine Meinungsumfrage in Auftrag gibt und somit die Diskussion um Pyrotechnik in Fußballstadien wieder entfacht.

Eine Legalisierung von Pyrotechnik in deutschen Fußballstadien IST grundsätzlich möglich. Eine argumentative und sachliche Begründung finden Sie in diversen Stellungnahmen der Kampagne „Pyrotechnik Legalisieren“, die sowohl durch die von der Kampagne selber als auch durch die vom DFB selbst in Auftrag gegebene Studie untermauert wird. Ein Pilotprojekt, welches für Vereine, Verbände und die Fans von großem Mehrwert wäre, könnte die Debatte über Bestrafungen und Repressionen verhindern. Leider wurde in den letzten Wochen durch gezielte Medienarbeit und nun diese Studie versucht, sich des Themas Pyrotechnik durch oberflächliche Verlautbarungen zu entledigen.

Sowohl den Vertretern der Initiative zur Legalisierung von Pyrotechnik als auch der Öffentlichkeit an sich wurden noch immer keine stichhaltigen Argumente geliefert, die gegen die vorgeschlagenen Konzepte sprechen. DFB und DFL erklären die Debatte stattdessen für beendet und versuchen sich ihre eigenen Fakten dazu zu schaffen. Dass dies nur wenige Tage vor dem Fankongress geschieht, schafft einen faden Beigeschmack, wenn die DFL-Geschäftsführung gleichzeitig die Wichtigkeit eines Dialogs mit den Fans betont.

„Wir fordern an dieser Stelle erneut die Rückkehr aller Beteiligten zur Sachlichkeit in den betreffenden Themenfeldern und stehen weiterhin für seriöse, an Lösungen orientierte Gespräche bereit.“ so Philipp Markhardt. Der Fankongress am kommenden Samstag in Berlin bildet dazu einen passenden Rahmen.

ProFans

Wir möchten Sie in diesem Zusammenhang auf folgende unserer Meinung nach lesenswerte Artikel hinweisen:
www.11freunde.de/bundesligen/147927
www.textilvergehen.de/2012/01/10/eil-kein-mord-in-britz-eil

Fankongress zum Erhalt der Fankultur findet am 14. und 15. Januar 2012 in Berlin statt

Zu einem Fankongress in Berlin lädt die bundesweite Faninitiative ProFans am 14. und 15. Januar 2012 ein. Nach der Demonstration “Zum Erhalt der Fankultur” sehen die Initiatoren den Fankongress, der im “KOSMOS” an der Karl-Marx-Allee stattfinden wird, den logischen nächsten Schritt für einen Fußball der Zukunft, in dem Fans ein elementarer Bestandteil sind.

Auch im Jahre 2011 ist das Fußballfandasein eine Herausforderung. Bilder und Berichte von Ausschreitungen, gepaart mit populistischen Forderungen nach mehr Repression und härteren Gesetzen, bestimmen die Medienberichterstattung und prägen somit auch das Bild von Fußballfans in der öffentlichen Wahrnehmung. Eine Berichterstattung über die vielen positiven Aspekte der Fankultur findet so gut wie gar nicht statt. Ebenso wenig spielen die Herausforderungen eine Rolle, denen Fans sich tagtäglich stellen müssen. Der Alltag von Fans ist bestimmt von Konfrontation und Drangsalierung statt Dialog und Transparenz. Obwohl immer wieder betont wird, wie wichtig Fans für den Fußball sind, wird nur von Partnerschaften zwischen den Verbänden, Vereinen, Sicherheitsorganen, Fernsehanstalten und Sponsoren gesprochen. Fans werden nicht als Gesprächspartner auf Augenhöhe akzeptiert.

Der offizielle Abbruch der Gespräche mit den Verbänden – der Ausstieg aus der AG Fandialog im September 2010 – war die logische Konsequenz aus den oben genannten Zuständen, die auch in den Vorjahren bereits zu beklagen waren. ProFans war und ist weiterhin gesprächsbereit, nimmt es jedoch nicht länger hin, dass man nicht ernsthaft mit den Fans redet – ihnen noch nicht mal wirklich zuhört. Niemand erwartet, dass alle Forderungen 1:1 umgesetzt werden, aber eine ernsthafte, gemeinsame und gleichberechtigte Auseinandersetzung mit den Themen ist unumgänglich. Fans sind keine Bittsteller, Fans sind Teil des Fußballs!

Mit der Fandemo im Oktober 2010 wurde von den Fangruppen ein deutliches Zeichen gesetzt. Die Kampagne „Zum Erhalt der Fankultur“ wurde anschließend mit lokalen Aktionen weiter geführt. Es ist nun an der Zeit, den nächsten Schritt zu gehen. “Wir sind bereit zu diskutieren, zu analysieren, zu reflektieren und Konzepte zu entwickeln. Wir wollen Freiräume und Verantwortung, und daher ist es an der Zeit, dass wir unsere Zukunft selber in die Hand nehmen. Dass wir darüber reden und debattieren, Ideen austauschen und Lösungsansätze entwickeln, wie wir uns die Zukunft von Fans im Fußball vorstellen und wie dies machbar ist. Leidenschaftlich und emotional, aber auch selbstkritisch und realistisch”, so Philipp Markhardt, Pressesprecher von ProFans.

Deswegen wird es am Wochenende vom 14. bis zum 15. Januar 2012 einen aus den Reihen der Fans selbst organisierten Fankongress geben, auf dem zusammen mit anderen wichtigen Entscheidungsträgern in Workshops, Referaten und Podiumsdiskussionen darüber gesprochen werden soll, welcher Fußball in der Zukunft vorstellbar ist und welche Rolle Fans in diesem spielen werden.

ProFans im Oktober 2011