ProFans zur aktuellen hausgemachten Krise des Profifußballs

Berlin, den 24.04.2020

Seit gestern haben wir nun noch mehr Gewissheit: Wir werden eine gespenstische Saisonfortsetzung erleben. Allen berechtigten Einwänden zum Trotz kommt der Fußball wieder ins Rollen.

Neben diesem traurigen Fakt fällt die Vehemenz ins Auge, mit der einige Medien einen “tiefen Riss” durch die Fanszenen attestieren wollen. Dies entbehrt jeder Grundlage. Vielmehr teilen die bei ProFans angeschlossen Gruppen die Kritik der „Fanszenen Deutschlands“ vom 16.04.2020. Wie Sprecher Sig Zelt erklärt: „Die Schnittmenge zwischen den bei ProFans und ‚Fanszenen Deutschlands‘ organisierten Gruppen ist erheblich, die Standpunkte werden breit geteilt. Die allermeisten jener Fans, die trotzdem aus Angst um das Überleben ihres Vereins – und nur deswegen – Spiele ohne Publikum tolerieren werden, finden sie dennoch gruslig. Insofern ist die Darstellung zahlreicher Medien in den letzten Wochen irreführend, dass es eine vermeintliche Spaltung der aktiven Fans gebe.“

ProFans stellt sich eher die Frage, welche Berufsauffassung einige Journalisten haben. Die kritiklose Betrachtung des inhaltsleeren Konzeptes „Task Force Sportmedizin/Sonderspielbetrieb im Profifussball“ und die Ausblendung der Frage, wie es dazu kommen konnte, stellen einen objektiven Journalismus infrage. Stattdessen wird von einigen Medienvertretern das groteske Narrativ verfolgt, dass die Fans die größte Gefahr für den sicheren Spielbetrieb seien. ProFans stellt hierzu fest, dass in den letzten Tagen vermehrt Medienanfragen eintrafen, die jeder journalistischen Sorgfalt widersprachen. Einige Medienvertreter sind sich hier offensichtlich nicht zu schade, sich zu Hofnarren der Funktionäre zu machen. Wo bleiben hingegen, um ein weiteres Beispiel zu nennen, die kritischen Nachfragen zu dem groß angekündigten Solidartopf der Liga?

ProFans wird sich nicht mehr an der kruden Diskussion um Geisterspiele beteiligen. Dass diese Diskussion überhaupt geführt wird, ist ein Ausdruck der völlig falschen Entwicklung im Fußball, die seit Langem von aktiven Fans kritisiert wird. Wichtiger ist der Blick in die Zukunft. Sind Verbände und Vereine fähig, aus der heutigen absurden Situation zu lernen? Ein Ligaverband, der unfassbare Mengen an Geld generieren kann, sieht nach wenigen Wochen erzwungener Unterbrechung des Spielbetriebs existenzielle finanzielle Bedrohungen? Stephan Schell von ProFans weist darauf hin: “Genau das ist der Punkt, den wir seit vielen Jahren kritisieren: Es geht im Fußball nur noch um Gewinnmaximierung für einige wenige. Nicht nur, dass er all die ihm spezifischen ideellen Werte mit Füßen tritt – von der Fanbasis entfernt er sich immer mehr. In der Krise sind die Fans gut, ihre Vereine zu retten, aber später werden ihre Interessen wieder ignoriert.”

Jörn Brauer ergänzt: “Es kann so nicht weitergehen, das ist heute offensichtlicher denn je. Das Diktat des großen Geldes, die Abhängigkeit von privaten Investoren, die damit verbundene Wettbewerbsverzerrung gehen meilenweit an all dem Positiven vorbei, das sich Fans wie auch Zuschauer und Sympathisanten vom Fußball wünschen und ihm vielfach aktiv geben.” Schon viel zu lange ist der Fußball nicht mehr für die Fans da. Die Anstoßzeiten, die Stadionnamen, sogar die Symbole des Vereins – wie in Leipzig – alles wird vermarktet, an andere verkauft, statt es den Vorstellungen der Fans anzupassen. Daneben wird die Schere zwischen den „Großen“ und den „Kleinen“ immer größer, der Wettbewerb dadurch immer weniger spannend.

Es ist Zeit zu einem wirklichen Umdenken. Leidenschaftliches Engagement vieler Menschen gehört respektiert, nicht das seelenlose kurzfristige Einbringen branchenfern erwirtschafteten Geldes. Fußball hat vor allem für die da zu sein, die sich in den Vereinen und für die Vereine engagieren – und denen dort die Rechte der Mitbestimmung zukommen. Anstatt diese Menschen zu unterstützen und ihr Interessenvertreter zu sein, ignorieren der Deutsche Fußballbund, die deutsche Fußball-Liga und Vereine ihre Anliegen, überziehen sie noch mit Kollektivstrafen und kriminalisieren sie.

Wir wollen stolz sein auf unsere Vereine und auf das, was wir dort gemeinsam schaffen. Keiner kann stolz sein, wenn ein vermögender Gönner den Platz in der Bundesliga oder den internationalen Erfolg erkauft.

Um es mit aller Deutlichkeit zu sagen: DFB und DFL werden sich nicht daran messen lassen müssen, ob Deutschland Europameister wird oder in den nächsten Jahren ein deutscher Verein die Champions League gewinnt. Die Frage der Zukunft ist, ob der Fußball weiterhin solvente Investoren und deren Kapital anbetet oder vielmehr dem Willen und den Vorstellungen der Massen folgt, die ihn tragen. Für Letzteres den Rahmen zu setzen – genau das ist die Aufgabe von DFB und DFL.

ProFans, im April 2020

ProFans unterstützt die Forderung nach Schaffung von unabhängigen Polizeibeschwerdestellen

Berlin, den 19.09.2019

Der am 17.09. 2019 vom Lehrstuhl für Kriminologie der Ruhr-Universität Bochum vorgestellte Zwischenbericht zu dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Forschungsprojekt “Körperverletzung im Amt durch Polizeibeamt*innen” (“https://kviapol.rub.de“) wirft ein Schlaglicht auf das Dunkelfeld unverhältnismäßiger polizeilicher Gewaltanwendungen, wie es von Bürgerrechtsorganisationen ebenso wie von Fußballfans seit vielen Jahren beklagt wird.

In nahezu allen Fällen bleiben rechtswidrige Gewaltdelikte Polizeiangehöriger im Amt ungeahndet. Nach Zahlen des Statistischen Bundesamtes liegt die Anklagequote allgemein und insbesondere bei vorsätzlicher Körperverletzung bei über 20 Prozent, während nur 2 Prozent der Fälle mutmaßlicher rechtswidriger Polizeigewalt zur Anklage gebracht werden. ProFans-Sprecher Jörn Jacobs legt die offensichtlichen Ursachen dar: “Gründe dafür liegen im Korpsgeist innerhalb der Polizei, in der Unterschlagung von Beweismitteln und in sehr vielen Fällen in der Schwierigkeit, die Täter zu identifizieren. Außerdem setzt man sich mit einer Anzeige der realen Gefahr einer zum Zwecke der Einschüchterung erfolgenden Gegenanzeige aus.” So ist es kein Wunder, wenn der Studie nach 86 Prozent der Fälle rechtswidriger Polizeigewalt gar nicht erst angezeigt werden.

Die reflexartige Diskreditierung der wissenschaftlichen Studie vonseiten der Polizeigewerkschaften zeigt das Unvermögen, sich mit dem Problem auseinanderzusetzen und Fehler aus den eigenen Reihen überhaupt wahrnehmen zu wollen. Wie sollen in diesem Klima erfolgreiche Ermittlungen geführt werden, wenn diese der Polizei selbst obliegen? Das fragen sich nicht nur Fußballfans. Unabhängige Polizeibeschwerdestellen als Ansprechpartner für Betroffene und mit eigenen Ermittlungsbefugnissen, wie sie in Ländern wie Dänemark, Belgien oder England bereits existieren, können dazu beitragen, dass Polizeieinsätze nicht zu rechtsfreien Gewaltorgien eskalieren.

“Das Gewaltmonopol des Staates, welches auszuüben gewiss nicht immer leicht ist, hat seine Rechtfertigung nur durch eine strikte Bindung an das Prinzip der Verhältnismäßigkeit, an Recht und Gesetz. Nur wenn dem Geltung verschafft wird, wird sich das in Teilen der Gesellschaft katastrophal zerstörte Vertrauen in die Polizei und der Respekt vor deren Arbeit wiederherstellen lassen”, mahnt Sig Zelt von ProFans.

Das Fanbündnis begrüßt nachdrücklich die Petition “Für die Einrichtung von unabhängigen Polizeibeschwerdestellen auf Landes- und Bundesebene” und ruft die Mitglieder der angeschlossenen Gruppen und alle anderen Fußballfans dazu auf, mit ihrer Mitzeichnung dieses wichtige Anliegen zu unterstützen: https://www.change.org/p/für-die-einrichtung-von-unabhängigen-polizeibeschwerdestellen-auf-landes-und-bundesebene

ProFans, im September 2019

Die schöne heile Welt des DFB
ProFans kommentiert die jüngste Erklärung von DFB und DFL zum Fandialog

Berlin, den 23. 08. 2018

Nach der Bekanntgabe des Ausstiegs der „Fanzenen Deutschlands“ aus den Gesprächen mit dem DFB und der DFL am vergangenen Dienstag haben die beiden Verbände den Dialog-Abbruch mit blumigen Worten bedauert. Beim näheren Hinsehen erschließt sich freilich aus ebendieser Reaktion der Verbände das ganze Feld des Unverständnisses gegenüber Fans, die wahrlich nichts Unverschämtes begehren.

Symptomatisch dafür sind die ach so stolzen Fortschritte, die DFB und DFL in ihrer Erklärung anführen:
„…vor dem Hintergrund, dass bei zwei Treffen einige wegweisende Veränderungen angestoßen und im Nachgang durch DFB und DFL umgesetzt beziehungsweise auf den Weg gebracht wurden. Hierzu gehören unter anderem die Aussetzung von Kollektivstrafen, verbunden mit der Hinwendung zur Täterorientierung, das klare Bekenntnis zum Erhalt der Stehplätze, die Erhöhung der Transparenz in der Sportgerichtsbarkeit durch die Veröffentlichung des Leitfadens für den Kontrollausschuss sowie die bereits angelaufene Pilotphase zur einheitlichen Freigabe von Fan-Utensilien bei Spielen der Bundesliga, 2. Bundesliga und 3. Liga.“(kursiv: Zitate aus der DFB-Erklärung auf www.dfb.de vom 21. 8. 2018)
Dazu seien einige Anmerkungen erlaubt.

Aussetzung der Kollektivstrafen

Fraglos ein wichtiger Punkt, der aber doch längst überfällig war! In praktisch allen Staaten unserer Welt, die sich der Freiheit, Demokratie und Menschrechte verschrieben haben, sind Kollektivstrafen geächtet. Sie gelten seit Jahrzehnten als Instrumente autoritärer Despoten. Aber der DFB ist im Jahre 2018 stolz darauf, die Kollektivstrafen – nein, nicht abgeschafft, sondern gerade einmal – ausgesetzt zu haben! Welch eine peinliche Darbietung!

Stehplätze

Auch das ist ein Punkt von großer Bedeutung. Aber er kennzeichnet auch genau, was seit vielen Jahren das Problem ist: Wir Fans haben gefälligst schon dafür dankbar zu sein, wenn ausnahmsweise bei dem einen oder anderen Punkt eine Verschlechterung ausbleibt. Nach diesem Muster dürfte der DFB auch mit Stolz darauf verweisen, dass der Fußball weiterhin mit runden Bällen gespielt wird und nicht etwa mit würfelförmigen!

Strafenkatalog

Dieses Werk ist ja schon Satire an sich. Aber ernsthaft: Schafft man Transparenz, indem man sich ein hochbürokratisiertes Werk schafft, das keinerlei Ermessensspielraum mehr zulässt? Transparenz bedeutet doch vielmehr, Entscheidungsgründe und Erwägungen offenzulegen. Vor allem aber bedeutet in diesem Fall Transparenz, eine etwaige Zahlungspflicht der Vereine an deren Verschulden an dem jeweiligen Vorfall zu binden – und der Höhe der Zahlung keine astronomischen Fantasiewerte zugrunde zu legen, sondern vielmehr nur den tatsächlich entstandenen finanziellen Schaden.

Fanutensilien

Dieses Thema ist keines der letzten paar Monate, sondern es ist schon seit weit mehr als zehn Jahren ständiger Gegenstand des Fandialogs! Und nun schaffen es die Verbände nach so vielen Jahren, ein Pilotprojekt dazu anzuschieben, welches bislang zu keinerlei spürbaren Veränderungen geführt hat. Wir sind sprachlos. Ohne mit der Wimper zu zucken, werden den Vereinen per Lizenzbedingungen bauliche Veränderungen an Stadien wie Sitzplatzkontingente und Rasenheizungen auferlegt, aber eine einheitliche Regelung, welche Fahnen, Doppelhalter oder auch einfach nur Damenhandtaschen ins Stadion mitgebracht werden dürfen, ist derart schwierig zu etablieren?

Montagsspiele

„Zur Einführung der Montagsspiele bleibt festzuhalten, dass die Vereine der 3. Liga den klaren Wunsch formuliert haben, die Liga wirtschaftlich zu stärken.“

In der Tat ist es enttäuschend, dass Vereine immer wieder der kurzfristigen Begehrlichkeit nachgeben, um dann bald festzustellen, dass sich nichts verbessert hat, weil die Konkurrenz ja ebenfalls mehr Geld erhält. Dass jedoch eine solche Veränderung bekanntgegeben wird, nachdem dies im kurz zuvor stattgefundenen Treffen mit den Fanszenenvertretern in keiner Weise angesprochen wurde, und das, obwohl sich die Fanvertreterinnen in der Arbeitsgruppe Fankulturen ausdrücklich gegen diese Montagstermine ausgesprochen hatten, zeigt in seltener Klarheit, dass von einem Dialog auf Augenhöhe keine Rede sein kann.

Im Kern aber geht es um viel mehr, nämlich darum, was zum Erfolg in diesem unserem Sport führt. Beharrliche Arbeit, Engagement, Teamgeist, aufopferungsvolles Kämpfen auf dem Rasen? Oder nurmehr die Größe des Geldbeutels? Heute sind wir tatsächlich so weit, abschätzen zu können, wie hoch ein Investment sein muss, um sich damit innerhalb von zehn Jahren einen Platz in der Champions League zu erkaufen, und dass es Investoren gibt, die genau das tun. Nein, das ist nicht der Fußball, dem wir Fans unser Herzblut verschrieben haben. Wir finden das einfach nur abstoßend.

Gewalt, Vandalismus und Pyrotechnik

„Dabei werden DFB und DFL unverändert unter anderem für einen Verzicht auf körperliche Gewalt, Vandalismus und Pyrotechnik einstehen.“

Welch ein wunderbares Triumvirat der abschreckenden Begrifflichkeit! Diesen Ball können wir dem DFB gern zurückspielen. Wie wäre es damit, dass wir Fans auch weiterhin für einen Verzicht auf Steuerhinterziehung, Korruption und Nationalmannschafts-Teammanagement einstehen?

Das Thema Pyrotechnik ist alles andere als ein Ruhmesblatt des Fandialogs. Der DFB sollte nicht davon abzulenken versuchen, dass er es war, der vor Jahren die Chance einer breiten Einigung auf einen sicheren und rechtskonformen Einsatz von Pyrotechnik in schofeligster Weise in die Tonne getreten hat – und der bis heute nicht den geringsten Versuch unternommen hat, diesen Fehler zu korrigieren. Statt dessen wird uns immer wieder die Gleichsetzung von Pyrotechnik mit Randale präsentiert. Na dann, in diesem Sinne: Gegen Steuerhinterziehung, Korruption und Teammanagement.

Bekenntnisse

„Gerade in diesen Bereichen ist ein klares Bekenntnis der ‚Fanszenen Deutschlands’ eine wichtige Grundlage für einen zielführenden Dialog.“

Machen wir uns nichts vor: Für einen Teil der Ultrà gehört es zu ihrer Auffassung ihrer Jugendkultur, Rivalitäten auch in grenzwertiger Weise auszuleben. Wir bestimmen nicht über die angeschlossenen Gruppen, wir vertreten sie. Und wir vertreten ihr Recht, all ihre Leidenschaft in gesellschaftskonformer Weise auszuleben. ProFans hat über viele Jahre hinweg immer wieder darauf hingewiesen, welche Umstände geeignet sind, Grenzverletzungen einzudämmen, und welche Maßnahmen derjenigen, denen die Macht des Hausrechts und des staatlichen Gewaltmonopols in die Hände gelegt ist, tendenziell dazu führen, dass sich die Konflikte häufen. Doch diejenigen, die die Regeln bestimmen, verhalten sich verantwortungslos, wenn sie entgegen aller Ratschläge von Fanvertreterinnen, Sozialpädagogen, Wissenschaftlerinnen und Bürgerrechtlern immer wieder ihre eigenen, vermeintlich besseren, Konzepte durchsetzen und damit längerfristig die Konflikte nicht entspannen, sondern verschärfen.

Pauschalkritik

„Pauschale Beschuldigungen gegen die Verbände oder handelnde Personen sind nicht zielführend und werden vom DFB und von der DFL nachdrücklich zurückgewiesen.“

Leider sind Fans nicht weniger pauschalen Schuldzuweisungen ausgesetzt als die Verbandsführungen. Ja, es ist nicht klar adressiert, wenn wir erkennen, dass die Verbände offenbar immer wieder in alte Denkmuster verfallen, anstatt das seinerzeit von Sportfreund Grindel reklamierte Umdenken ernst zu nehmen. Wir wissen nicht, wer genau beim DFB und bei der DFL der Idee verfallen ist, den Fandialog auch nach dem aktuellen Rückzug des Aktionsbündnisses der aktivsten Fangruppen weiterzuführen, als sei nichts geschehen. Ohne die Fanszenen und auch ohne ProFans und ohne das BAFF. Derweil die Fans ohnmächtig ihren Sport kaputtgehen sehen, feiert der DFB Strategieveranstaltungen, bei denen es um alles andere geht, aber nicht um die Aussöhnung mit den Fans, die nebenbei übrigens einen guten Teil der Mitgliederbasis ausmachen.

Wenn die trotzigen Dialogabsichten von DFB und DFL ein Fingerzeig darauf sind, dass man sich dann eben genehmere Gesprächspartner suchen wird, sei davor nachdrücklich gewarnt: So wird man nicht einen einzigen Konflikt lösen können. Das kann man nur tun, indem man Vertrauen, Verlässlichkeit und Wertschätzung nicht nur behauptet, sondern beweist. Davon sind der DFB und die DFL momentan meilenweit entfernt.

ProFans, im August 2018

Berlin, den 12.07.2018

Aktive Fußballfans – so auch das Bündnis ProFans – weisen seit Langem immer wieder darauf hin, dass die Polizei sich in Deutschland gegen unbescholtene Menschen in einem Maße übergriffig zeigt, welches das vom Grundgesetz vorgegebene Prinzip der Verhältnismäßigkeit infrage stellt. Dabei sollte man meinen, dass der Bundesregierung und den Landesregierungen die Voraussetzungen bekannt sind, unter denen das Gewaltmonopol des Staates steht: Die Gewährleistung der Freiheiten und Rechte gehört ebenso dazu wie die Verfolgung von Straftaten und die Sicherheit. “Jeder unverhältnismäßige Gebrauch des Gewaltmonopols gefährdet den dazu bestehenden gesellschaftlichen Konsens”, stellt
ProFans-Sprecher Sig Zelt dar.

In der letzten Zeit häufen sich die Meldungen, die Zweifel an der Verfassungstreue von Innenpolitikern und führenden Polizeikräften nähren.

In Bayern und Nordrhein-Westfalen wurden Polizeigesetze auf den Weg gebracht, bei denen fraglich ist, inwieweit sie vom Grundgesetz gedeckt sind. In Sachsen werden Bürger, die nicht etwa als Beschuldigte, sondern als Zeugen gelten, Maßnahmen wie Hausdurchsuchungen und Beschlagnahmungen ausgesetzt. Gleiches widerfuhr unlängst Fanprojekten in Sachsen und Hessen. Immer wieder werden Fußballfans von Gastvereinen eingekesselt und in Situationen der Konfrontation, die die Polizei selbst für gefahrenträchtig hält, daran gehindert, sich der Gefahr zu entziehen und den Ort des Geschehens zu verlassen.

Umso prekärer ist es, wenn Proteste gegen Polizeigewalt per se als unmittelbare Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung angesehen werden, wie die Düsseldorfer Polizei jüngst äußerte. Damit kennzeichnet sie praktisch das Grundgesetz selbst, welches die Meinungs- und Demonstrationsfreiheit schützt, als eine abzuwehrende Gefahr. Die Kölner Polizei, so wird kolportiert, habe Anmeldern von Demonstrationen erklärt, sie hätten ihr Recht, Demonstrationen durchzuführen, verwirkt. Mit anderen Worten, die Polizei maßt sich an, verfassungsmäßige Rechte
für missliebige Personen außer Kraft zu setzen, und das nicht nur für einen konkreten Einzelfall, sondern fortdauernd.

“Präventive Arbeit der Polizei wird immer stärker mit repressiven Mitteln geleistet, die Freiheitseinschränkungen für die Allgemeinheit bedeuten. Da passt es ins Bild, dass die Innenministerkonferenz es für geboten hält, brisante Fußballspiele vor teilweise leeren Rängen auszutragen und zu überwachen, welchen Personen Eintrittskarten verkauft werden”, zieht ProFans-Sprecher Jörn Jacobs eine weitere Verbindung zu den Belangen von Fußballfans.

“Heute haben wir hierzulande bereits die Situation, dass Menschen sich aus Angst vor polizeilicher Repression zurückhalten, ihre verbrieften Bürgerrechte wahrzunehmen. Es scheint, als hätten Innenpolitik und Polizei völlig verpeilt, dass ihr Verfassungsauftrag darin besteht, die Wahrnehmung der Bürgerrechte zu gewährleisten und zu schützen, anstatt sie durch Verbote, durch Einschüchterung und durch Repressalien gegenüber Menschen, die keinerlei Straftat verdächtig sind, zu verhindern”, ergänzt Stephan Schell vom Bündnis ProFans.

Immer mehr Menschen erkennen, dass das Gleichgewicht der Gewaltenteilung in Deutschland aus dem Lot gerät. Zehntausende, darunter viele Fußballfans, sind bereits in Bayern und Nordrhein-Westfalen auf die Straße gegangen, um ihr Aufbegehren dagegen zu demonstrieren, wenn der Vorwand der Terrorismusbekämpfung dazu missbraucht wird, Schritt für Schritt Allmachtsfantasien aus Kreisen der Innenpolitik zu verwirklichen. Es scheint dringend an der Zeit, Letzterem Einhalt zu gebieten.

ProFans, im Juli 2018

Pressemitteilung

Die DFL und die Freiheit im Internet

Berlin, den 04.07.2018

Nach Meinung Vieler sollten Sport und Politik getrennt bleiben. In der Tat ist es ein ganz besonderer Wert des Sports, dass er unterschiedlichste Menschen zusammenbringen kann, eben auch unabhängig von deren politischen Ansichten. Kommunikation und Integration wirken dem Auseinanderdriften unserer Gesellschaft entgegen.

Dieser Konsens, der sonst nur – und berechtigterweise – bei Angriffen auf die Menschenwürde seine Grenzen findet, ist dann bedroht, wenn Fußballverbände sich auf politische Positionen zu partikulären Themen festlegen. Genau das tut der Deutsche Ligaverband, wenn er, wie in der vergangenen Woche geschehen, an die Abgeordneten des EU-Parlaments appelliert, einen Beschlussentwurf zum Medienrecht zu unterstützen.

Konkret geht es um die Einführung des sogenannten Leistungsschutzrechts im Internet und um die Verantwortlichkeit von Plattformbetreibern für Inhalte, die deren Nutzer veröffentlichen. Der Beschluss, den die DFL so gern verabschiedet sähe, hätte über den Schutz urheberrechtlich relevanter Werke vor Missbrauch hinaus weitreichende Auswirkungen.

Die Freiheit von Zitaten und Verlinkungen würde erheblich eingeschränkt. Plattformbetreiber würden sich zum Einsatz von Uploadfiltern gezwungen sehen, also von Algorithmen, die vor der Veröffentlichung beliebiger Inhalte diese automatisiert nach vermuteten Rechtsverletzungen durchsuchen. Wird ein solches Instrument, das übrigens im Koalitionsvertrag der Bundesregierung als unverhältnismäßig abgelehnt wird, erzwungenermaßen eingesetzt, werden nicht nur in vielen Fällen Meinungsäußerungen einer vorauseilenden Zensur zum Opfer fallen – auch die konkrete politische Einflussnahme zum Missbrauch zwecks Unterdrückung unliebsamer Wortmeldungen wird in eher autoritär regierten Ländern naheliegen. Der freie Austausch von Meinungen im Netz, aber auch der ungehinderte Zugang zu Informationen, wäre massiv bedroht, neuerliche Abmahnwellen wären wahrscheinlich.

Es ist bezeichnend, dass die DFL nicht davor zurückschreckt, die Werte zu torpedieren, die das WWW erst populär und wertvoll gemacht haben, um etwaige Schlupflöcher zu schließen, durch die möglicherweise ein kleiner Teil von Einnahmen verlorengeht. Niemand hat Rechteinhaber wie die DFL oder den Springer-Verlag gezwungen, das Internet für sich zu nutzen, und niemand hat sie gerufen, neue Regeln einzuführen, die die Netzkultur und Meinungsfreiheit erheblich beeinträchtigen.

Wann immer es darum geht, noch mehr Geld aus dem Fußballgeschäft herauszuholen, sind alle anderen Werte für die DFL zweitrangig. Seien es die Interessen der Fans (u.a. Thema Anstoßzeiten), seien es die Werte der Mitbestimmung und sozialen Integration (Lizenzierung von Vereinen, in denen Fans nicht stimmberechtigte Mitglieder werden können) oder sei es, wie hier, die Freiheit im Netz – alles wird im Zweifelsfalle geopfert, um einigen wenigen Spielerstars und ihren Beratern noch exorbitantere Einkünfte verschaffen zu können. Die DFL macht sich immer wieder zum Sinnbild der gierigen Monopolistin, die ohne Rücksicht auf die Allgemeinheit alles unterstützt, womit noch mehr Profit erzeugt werden kann. Damit koppelt sich der Spitzenfußball immer mehr als überteuertes Hochglanzprodukt von seiner Basis als Volkssport ab, der die Massen zusammenführt und begeistert.

ProFans Union Berlin, im Juli 2018